USA:Ein mörderisches Weltbild

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Entsetzen in Buffalo nach der Bluttat, die wohl als einer der schwersten rassistischen Terrorakte in die jüngere Geschichte der USA eingeht. (Foto: Joshua Bessex/dpa)

Alles weist daraufhin, dass die Morde an zehn Menschen in Buffalo erneut ein Akt rechtsradikalen, rassistisch motivierten Terrors sind.

Von Hubert Wetzel, Washington

Offiziell bezeichnet das FBI die Schießerei in einem Supermarkt in der amerikanischen Stadt Buffalo am Samstag als ein "Hassverbrechen" - ein Massenmord, motiviert durch den Hass eines Weißen auf Schwarze. Man könnte das Massaker allerdings auch anders nennen: rechtsradikaler, rassistischer Terrorismus. Das Attentat, das mutmaßlich der 18 Jahre alte Payton G. am Wochenende verübte, und bei dem zehn Menschen starben, war geplant und vorbereitet, es traf wehrlose Menschen, die ihre Wochenendeinkäufe erledigten, und die nur wegen ihrer Hautfarbe zum Ziel wurden.

Zudem hatte der Angriff nach Angaben der Polizeibehörden wohl einen politischen Hintergrund: Der Schütze übertrug seine Tat nicht nur live ins Internet, er hatte offenbar zuvor eine Art Manifest im Netz veröffentlicht, in dem er sich selbst als rechtsextrem, rassistisch und antisemitisch bezeichnete. In dem Schriftstück rechtfertigte er den Angriff damit, dass Weiße sich gegen das sogenannte "Great Replacement" wehren müssten.

Dieser Begriff ist Kern einer in rechtsradikalen Kreisen verbreiteten Theorie, nach der linke, kosmopolitische Eliten die weiße Bevölkerung in Nordamerika und Europa durch Schwarze oder Einwanderer aus dem Süden "ersetzen" wollen. In Deutschland verwenden Anhänger dieser Theorie Begriffe wie "Umvolkung". In den USA findet die Theorie bis weit ins normale konservative Lager hinein Zustimmung.

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Er schoss in den Supermarkt-Gängen. Systematisch. Fast alle Opfer sind Schwarze

G., der bisher polizeilich nicht aufgefallen war, stellte seine Tat damit in eine Reihe mit anderen ähnlichen Anschlägen, die Rechtsterroristen in den vergangenen Jahren verübt hatten - der Angriff auf schwarze Kirchgänger in Charleston, South Carolina, im Jahr 2015, die Schießerei in einer Synagoge in Pittsburgh im Jahr 2018, das Massaker in einem Walmart-Supermarkt in El Paso, Texas, bei dem 2019 ein weißer Schütze vor allem Latinos tötete, sowie der Überfall eines rechten Attentäters auf eine Moschee in der neuseeländischen Stadt Christchurch im gleichen Jahr. In vielen dieser Fälle fanden sich in den Weltbildern der Angreifer Teile der gleichen Ideen, die offenbar auch G. zu seiner Tat motiviert haben.

Auf einen gezielten, rassistischen Hintergrund deutet noch ein weiterer Umstand hin: G. nahm eine Fahrt von gut 200 Meilen auf sich, um von seinem Wohnort Conklin im Süden des Bundesstaates New York zum Ort des Anschlags zu gelangen. Offenbar hatte er sich absichtlich eine Wohngegend in Buffalo ausgesucht, in der mehrheitlich Schwarze leben. Dort überfiel er einen Supermarkt, der überwiegend von Afroamerikanern besucht wurde - und zwar zur Haupteinkaufszeit, gegen 14.30 Uhr am Samstagnachmittag. G. trug militärische Tarnkleidung sowie eine schussfeste Weste. Diese fing offenbar mindestens eine Kugel ab, die ein Sicherheitsmann in dem Supermarkt auf ihn abfeuerte, der Täter erschoss auch ihn.

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Augenzeugen zufolge eröffnete G. das Feuer auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt und tötete dort bereits seine ersten Opfer. Danach lief er im Inneren zwischen den Regalen hindurch und ermordete systematisch Menschen. Die Zahl der Opfer sowie deren Hautfarbe spiegelt deutlich die Motive des Täters wider: zehn Tote, drei Verwundete - und elf der Menschen, die von den Kugeln getroffen wurden, waren Schwarze. Das Attentat in Buffalo wird damit als einer der schwersten rassistischen Terrorakte in die jüngere Geschichte der USA eingehen.

Nach der Tat wurde G. festgenommen, eine Konfrontation mit der Polizei suchte er nicht. Neben den Justizbehörden des Staates New York, in dem Buffalo liegt, ermitteln auch die US-Bundesbehörden gegen den Teenager. Bisher wird ihm Mord ersten Grades vorgeworfen, bei einer Verurteilung müsste er für den Rest seines Lebens in Haft.

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