Fünf Tage vor der Präsidentschaftswahl haben Donald Trump und Hillary Clinton ein gemeinsames Ziel: Sie hämmern ihren Anhängern ein, unbedingt ihre Stimme abzugeben. Nichts sei gefährlicher, als jetzt in den Bemühungen nachzulassen, Freunde und Verwandte davon zu überzeugen, zur Wahl zu gehen. Der Republikaner sagt in Florida: "Wir werden ins Weiße Haus einziehen, aber wir dürfen es nicht vergeigen." Siegessicher ergänzt Trump: "Gebt mir noch zwei Tage, dann führe ich in allen Umfragen."
Diese Aussage ist etwas übertrieben, aber in einem hat Trump recht: Momentan holt er auf und versetzt so die vor kurzem so siegessicheren Demokraten in Sorge ( FiveThirtyEight gibt Clintons Siegchance mit nur noch 67 Prozent an). Das spiegelt eine Grundregel dieses verrückten Wahlkampfs wieder: Es profitiert der Kandidat, der nicht im Rampenlicht steht. Hauptthema sind weiter die wiederaufgenommenen FBI-Ermittlungen wegen Clintons E-Mails.
Auch wenn sich hier wenig Neues tut: Seit Tagen geht es um Clintons Charakter, ihre Geheimniskrämerei und die Frage, ob sie etwas zu verbergen habe. Direkte Folge: In der aktuellen Washington-Post-Umfrage sagen 45 Prozent, dass sie Trump für "ehrlich" halten. Clintons Wert verharrt bei extrem niedrigen 37 Prozent.
Der Trend ist einfach zu erklären: Sowohl Trump als auch Clinton sind sehr unbeliebt und es dürfte gewinnen, wer die Wahl am 8. November zur Abstimmung über den Gegner machen kann. Beispiele gefällig? Im August baut Clinton ihren Vorsprung aus, weil Trump tagelang die Soldatenfamilie Khan beleidigt. Mitte September holt der Republikaner auf, nachdem seine Rivalin bei der 9/11-Gedenkfeier einen Schwächeanfall hatte und sich alles um Clintons Fitness dreht. Und der Oktober läuft für Clinton bis kurz vor Schluss so gut, weil erst Trumps 900-Millionen-Steuerverlust bekannt wird - und dann das Pussygate-Video die Diskussion über Trumps Sexismus und den Charakter des Präsidentschaftskandidaten auslöst.
Clintons neue (und alte) Botschaft: Trump ist ein Sicherheitsrisiko
Um ihren Sieg nicht zu verspielen, passt Clinton ihre Taktik an. Vor einer Woche hatte sie noch erklärt, sie wolle nicht mehr auf Trumps Attacken reagieren, sondern ihre Pläne vorstellen. Das hat sich geändert. Sie greift den Geschäftsmann hart an und stellt ihn als Sicherheitsrisiko und Sexisten dar: "Er hat Frauen niedergemacht, beleidigt und angegriffen."
Doch bislang ist es nicht gelungen, die Diskussion zu verändern oder den Republikaner zu provozieren. Trump zeigt eine erstaunliche Selbstdisziplin und bleibt on message: Er spricht viel über Clintons E-Mails, um seine "Ich bin der Außenseiter, der im korrupten Washington aufräumt"-Botschaft zu betonen und erinnert daran, wie stark die Beiträge für die Obamacare-Versicherung steigen werden.
In diesem Mittwoch drehte sich in den USA fast alles um das Finale der World Series im Baseball. Was sonst noch im Wahlkampf geschah:
- Das Rennen wird enger - aber Clinton bleibt vorn. Neue Umfragen aus den swing states (alles übers komplizierte Wahlsystem der USA) liefern sowohl für Trump als auch für Clinton gute Nachrichten. Die Demokratin liegt in Pennsylvania, North Carolina und Wisconsin deutlich vorn. Auch in Florida geht es für sie leicht nach oben. Im Sunshine State wird es wohl wieder superknapp und Trump MUSS hier siegen. Sorgen machen Clinton und ihrem Team die Zahlen aus Ohio und Arizona (lesen Sie hier einen Stimmungsbericht), wo Trump deutlich führt. Bitter ist die CNN-Umfrage aus Nevada: Hier liegt der Immobilien-Mogul plötzlich um sechs Punkte vorn. Fazit: Clinton ist weiter deutlich im Vorteil, doch ein Erdrutschsieg ist nicht zu erwarten, da sich nun doch fast alle Republikaner hinter Trump versammeln.
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- Enthusiasmus unter Schwarzen lässt nach. Viele Bundesstaaten erlauben ihren Bürgern, vorab oder per Briefwahl ihre Stimmen abzugeben. Mehr als 30 Millionen haben dies bereits getan und erste Analysen deuten an, dass nicht so viele Afroamerikaner zur Wahl gegangen sind wie noch 2012. Dies ist keine gute Nachricht für Clinton: Sie braucht mindestens 90 Prozent der schwarzen Stimmen, um Staaten wie Michigan, Ohio oder North Carolina gewinnen zu können. Positiv für Clinton: Die Latinos, eine andere für sie entscheidende Gruppe, strömen an die Urne und Amerikas berühmtester Schwarzer trommelt für sie.
- Obama kritisiert FBI-Chef und macht Dauerwahlkampf. Der Terminkalender von US-Präsident Obama sieht bis zum Wahltag noch ein halbes Dutzend Auftritte vor, bei denen er für seine Ex-Außenministerin werben wird. In einem Interview kritisiert er FBI-Chef Comey deutlich ("Wir handeln nicht auf Basis unvollständiger Informationen.") und im Gespräch mit dem bei Schwarzen beliebten Radiomoderator Tom Joyner sagt er unmissverständlich: "Es braucht jemanden im Weißen Haus, der an die Dinge glaubt, an die auch ich glaube." Bei einem Auftritt in North Carolina, einem wichtigen swing state, ruft er dem Publikum zu: "Ich hasse es, Druck auf euch auszuüben, aber das Schicksal des Landes liegt auf euren Schultern."
- Zeitung des Ku-Klux-Klan ruft zur Wahl von Trump auf. Die zum rechtsextremen Ku-Klux-Klan gehörende Zeitung Crusader gibt ihren Lesern eine klare Wahlempfehlung: Unter der Schlagzeile "Make America Great Again" ruft die Redaktion auf, für Donald Trump zu stimmen. Dessen Wahlkampagne wies dieses endorsement umgehend zurück: Man lehne jede Form von Hass ab. Trump war im Vorwahlkampf in die Kritik geraten, weil er sich nicht deutlich von Rechtsextremen wie David Duke distanziert hatte.
- Bush-Neffe: George W. Bush könnte für Hillary stimmen. Es ist eine jener Meldungen, die Medien lieben - obwohl sie für die Entscheidung der Wähler ziemlich irrelevant sind. Nachdem im September bekannt wurde, dass Ex-Präsident George Bush Senior für Clinton stimmen möchte, deutet sich nun an, dass auch der zweite Bush-Präsident für die Demokratin votieren könnte. Bei einer Veranstaltung in Texas sagte George P. Bush (das ist der Sohn von Jeb Bush), dass sein Onkel wohl nicht für Donald Trump stimmen werde. Der Republikaner-Kandidat hatte im Vorwahlkampf quasi den gesamten Bush-Clan beleidigt.