US-Demokraten nominieren Obama in Charlotte:Bill Clintons fulminante Verbeugung vor Obama

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"Cool nach außen, aber ein Mann, der im Inneren für Amerika brennt ": Mit einer furiosen Rede bringt Bill Clinton den Parteitag der Demokraten zum Kochen. Niemand hätte es vermocht, all die Probleme zu lösen, die Obama vorgefunden habe. Clinton wechselt spielend zwischen den Rollen des "Elder Statesman" und des Wahlkämpfers. Am Ende verbeugt sich ein Präsident vor dem anderen.

Matthias Kolb, Charlotte

Die Amerikaner lieben Zahlen und Statistiken. Das weiß jeder, der schon mal eine Sportsendung in den USA gesehen hat. Natürlich weiß das auch Bill Clinton, jener Menschenfischer, der sich auch nach Jahrzehnten an eine Zufallsbekanntschaft erinnern kann. Und so spickt der 42. Präsident seine Rede zur Verteidigung der Erfolgsbilanz von Barack Obama mit vielen Zahlen.

Seit 1960 hätten Republikaner 28 Jahre lang den Präsidenten gestellt, während Demokraten 24 Jahre im Weißen Haus saßen. Clinton hält kurz inne, bevor er sagt: "Ziehen wir doch einfach Bilanz: Die Republikaner haben 24 Millionen Jobs geschaffen, die Demokraten hingegen 42 Millionen."

Die Tausenden Delegierten hält es nach diesem Satz nicht mehr auf den Sitzen: Sie applaudieren dem Mann, dem an diesem Abend spielend gelingt, woran sein Nachnachfolger seit Monaten scheitert: Bill Clinton fasst in fulminanten 48 Minuten zusammen, weshalb die erste Amtszeit Obamas aus Demokraten-Sicht ein voller Erfolg ist.

Dies war Clintons inoffizielle Aufgabe; offiziell sollte er vorschlagen, Obama zum Kandidaten der Demokraten zu machen. Mit den Worten "Ich möchte einen Mann nominieren, der nach außen cool wirkt, aber im Inneren für Amerika brennt. Ich will, dass Barack Obama der nächste Präsident der Vereinigten Staaten ist" beginnt der 66-Jährige seine Rede. Clinton begründet dies vor allem mit der Art, wie Obama Amerika durch die größte Wirtschaftskrise seit der Großen Rezession gesteuert habe.

Doch bevor Clinton detailliert die einzelnen Maßnahmen des ersten afroamerikanischen Präsidenten verteidigt, widmet er sich dem politischen Gegner. Beim Parteitag in Tampa hätten die Republikaner viel darüber geredet, dass Demokraten nichts von Wirtschaft verstünden und anderen ihren Erfolg neideten. Dies sei grundfalsch: "Wir Demokraten glauben an eine starke Mittelklasse und dass man gemeinsam mehr erreichen kann."

Clinton legt los

Bill Clinton spielt die Rolle des Altpräsidenten, den 69 Prozent aller Amerikaner mögen. Er könne nicht verstehen, wieso die Konservativen Obama offenbar so sehr hassten, dass sie sich jeglicher Kooperation verweigerten. Er habe als Gouverneur von Arkansas und als Präsident stets mit den Konservativen und Unhabhängigen zusammengearbeitet und tue dies noch heute bei Projekten seiner Stiftung. Es gehe schließlich darum, Lösungen zu finden.

Auch der Amtsinhaber sei stets zur Zusammenarbeit bereit, sagt Clinton. Mit Joe Biden habe Obama einen Mann zum Vizepräsidenten ernannt, der 2008 gegen ihn angetreten sei. "Obama hat Leute zu Ministern gemacht, obwohl sie im Vorwahlkampf für Hillary waren. Und, zum Teufel, er hat sogar Hillary zur Außenministerin ernannt", ruft Clinton aus. Er sei stolz auf die gute Beziehung zwischen seiner Ehefrau und Obama, die der Welt beweise, dass Politik kein blutiger Sport sein müsse, sondern auch ein ehrbares Unterfangen sein könne.

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