Reform des Unterhaltsrechts:Ein "bürokratisches Monster"?

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Vor allem kleine und mittlere Unternehmen müssten von überbordenden Prüf- und Dokumentationspflichten geschützt werden, fordert Justizminister Marco Buschmann. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Justizminister Buschmann will das Unterhaltsrecht reformieren. Familienverbände fürchten, alleinerziehende Mütter könnten dabei benachteiligt werden. Aber es gibt auch Zustimmung.

Familienverbände befürchten angesichts einer von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) geplanten Reform des Unterhaltsrechts Nachteile für alleinerziehende Mütter. Ein Sprecher des Ministeriums wies dies am Montag zurück und betonte zugleich, vorgestellt würden in wenigen Tagen Eckpunkte und kein fertiger Gesetzentwurf. Es gehe darum, den Vorschlag mit der Rechtspraxis, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft zu diskutieren.

Die Deutsche Kinderhilfe warnte vor einem "bürokratischen Monster". Der Ehrenvorsitzende des Vereins, Rainer Becker, erklärte, Unterhaltsregelungen würden massiv verkompliziert, indem "kaum zu beantwortende Fragen" aufgeworfen würden. So sei unklar, wie etwa mit den Kosten für Bekleidung, Schulbedarf oder Klassenfahrten umgegangen werde. Wenn tageweise abgerechnet werden müsse, sei neuer Streit vorprogrammiert, warnte er. Becker wies zugleich darauf hin, dass Frauen hierzulande bei gleicher Qualifikation ein deutlich geringeres Einkommen hätten als Männer. Daher sollten zunächst die Gehälter angeglichen werden.

Es bestehe die Gefahr, dass Alleinerziehende noch ärmer würden

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter rief den Minister auf, sich anstelle eines Leitbildes von Gleichstellung, das häufig nicht gelebt worden sei, an der Lebensrealität von Familien zu orientieren. So steige in einem Viertel der Paarfamilien die Mutter ganz aus dem Beruf aus. Wenn beide Elternteile arbeiteten, dominiere das Modell: er Vollzeit, sie Teilzeit. Bei Alleinerziehenden sei wiederum die Armutsquote so hoch wie bei keiner anderen Familienform.

Der Verband schlägt daher ein Drei-Stufen-Modell vor, bei dem der Kindesunterhalt sich je nach der Zahl der Übernachtungen von Kindern im Haushalt des zahlenden Elternteils unterscheidet. Eine Unterhaltspflicht für beide Eltern dürfe aber erst dann einsetzen, wenn der hauptsächlich betreuende Elternteil im Alltag spürbar entlastet werde, sagte Geschäftsführerin Miriam Hoheisel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Care-Arbeit sei schon vor der Trennung oft mit beruflichem Kürzertreten verbunden, fügte sie hinzu. Wenn das bei der Reform nicht berücksichtigt werde, bestehe die Gefahr, dass die Armut in Familien mit einem alleinerziehenden Elternteil weiter ansteige.

Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, warnte vor negativen Folgen für alleinerziehende Mütter. "Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, das Unterhaltsrecht an moderne Lebensmodelle anzupassen. Dabei müssen wir ein besonderes Augenmerk darauf legen, dass wir Menschen, die ohnehin schon sehr viel leisten, den Rücken stärken und nicht ihr Armutsrisiko erhöhen", sagte Mihalic am Montag der "Rheinischen Post". So seien bestimmte Kosten für Lebensmittel, Schulbedarf oder die Freizeitgestaltung besonders für alleinerziehende Mütter eine Herausforderung.

Buschmann verspricht eine Entlastung von bis zu 100 Euro im Monat

In ihrem Koalitionsvertrag haben die Ampelparteien SPD, Grüne und FDP vereinbart, im "Unterhaltsrecht die Betreuungsanteile vor und nach der Scheidung besser berücksichtigen" zu wollen, "ohne das Existenzminimum des Kindes zu gefährden". Laut Buschmann soll sich die Reform auf Trennungsfamilien fokussieren, in denen ein Elternteil zwar die Hauptbetreuung leistet, der andere Elternteil sich aber ebenfalls zu 30 oder 40 Prozent bei der Erziehung einbringt. Die Entlastung könnte demnach bei gut 100 Euro im Monat liegen.

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Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht begrüßte die Pläne. "Wir finden es wichtig, dass der Grundsatz gilt: beide betreuen, beide bezahlen", sagte Verbandssprecher Josef Linsler dem epd. Er forderte zugleich, eine Reform solle nicht nur von einem Modell ausgehen, nach dem Trennungsfamilien leben würden. Möglichst viele Lebensentwürfe sollten möglich sein.

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