Unruhen in Israel:Die Mutter des Anstoßes

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Nach der Verhaftung einer Mutter randalieren in Jerusalem Ultraorthodoxe - die strengreligiöse Jüdin soll ihr Kind ausgehungert haben: Der Dreijährige wog nur noch sieben Kilogramm.

Nach der Verhaftung einer strengreligiösen Mutter, die ihr Kind ausgehungert haben soll, ist es in Israel zu schweren Unruhen ultraorthodoxer Juden gekommen. Die Demonstranten halten die 30-jährige Mutter aus dem Orthodoxenviertel Mea Schearim in Jerusalem für unschuldig und fordern ihre sofortige Freilassung.

Krawall der Frommen in Jerusalem: Zwei Sicherheitsleute in zivil nehmen einen randalierenden Ultraorthodoxen fest. (Foto: Foto: AP)

Am Donnerstag bewarfen religiöse Juden Polizisten in Jerusalem erneut mit Steinen und zündeten Müllcontainer an, wie Polizeisprecher Mickey Rosenfeld mitteilte.

Bis auf die Knochen abgemagert

Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung wurde durch Steinwürfe verletzt. In der Nacht waren bereits knapp 30 Demonstranten festgenommen worden. Auch in der Stadt Bet Schemesch wurde von Ausschreitungen berichtet.

Die im fünften Monat schwangere Frau, die vier weitere Kinder hat, wird verdächtigt, ihren inzwischen drei Jahre alten Sohn jahrelang ausgehungert zu haben. Die Zeitung Jediot Achronot veröffentlichte an diesem Donnerstag ein Foto des bis auf die Knochen abgemagerten Jungen, der bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus nur sieben Kilogramm wog.

Nach Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist dies das durchschnittliche Gewicht eines vier Monate alten männlichen Säuglings.

Ein Sprecher der Familie sagte am Donnerstag, der Junge sei unterernährt, weil er an Krebs leide. Der Vize-Direktor des Hadassah-Krankenhauses in Jerusalem, in dem das Kind behandelt wird, dementierte dies jedoch.

Kameras überführten Mutter

Seit der Trennung von der Mutter verbessere sich der Zustand des Jungen zusehends und er nehme zu, sagte Jair Barenboim. Das medizinische Team habe dem Kind das Leben gerettet. Vermutlich könne er binnen weniger Wochen aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Überwachungskameras neben dem Krankenbett des Kindes hatten nach Medienberichten festgehalten, wie die Mutter eine Nährsonde immer wieder entfernte.

Die Ärzte glauben, sie könnte unter dem sogenannten Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom leiden. Dieses führt dazu, dass Patienten bei anderen Menschen Krankheiten herbeiführen, um selbst die Aufmerksamkeit von medizinischem Personal zu bekommen.

Die ultra-orthoxode Frau, die jede Aussage verweigert, lehnt jedoch eine psychiatrische Untersuchung ab. Sie soll zunächst in Haft bleiben, weil die Polizei befürchtet, sie könnte sonst auch ihren vier weiteren Kindern Schaden zufügen.

Diese werden gegenwärtig von der Familie versteckt gehalten. Der Leiter des zuständigen Polizeiteams Eli Cohen, sagte dem israelischen Rundfunk, es bestehe angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe "eine klare Gefahr für die Kinder" der Frau.

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