Union:Merkel widerspricht Seehofer

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Angela Merkel und Horst Seehofer vor Beginn einer Kabinettssitzung. (Foto: dpa)

Die Kanzlerin weist die Aussage des Innenministers zurück, die Migrationsfrage sei die "Mutter aller politischen Probleme". Der CSU-Chef sagt: Wäre er nicht Minister, hätte auch er in Chemnitz demonstriert.

Von Robert Roßmann, Berlin

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat mit einer Äußerung zur Flüchtlingspolitik Unmut in der Koalition ausgelöst. Bei der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Schloss Neuhardenberg hatte Seehofer gesagt, die Migration sei die "Mutter aller Probleme". Bundeskanzlerin Angela Merkel widersprach ihm am Donnerstag. "Ich sag' das anders", erklärte sie im RTL-Sommerinterview. "Ich sage, die Migrationsfrage stellt uns vor Herausforderungen. Und dabei gibt es auch Probleme" - es gebe aber auch Erfolge. Auch SPD, FDP, Grüne und Linke kritisierten Seehofer, lediglich die AfD verteidigte ihn.

SPD-Chefin Andrea Nahles forderte den CSU-Vorsitzenden auf, den unionsinternen Streit um die Asylpolitik nicht wieder anzuheizen. Denn wenn Seehofer von der Mutter aller Probleme spreche, meine er "in Wahrheit Frau Merkel". Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen forderte Seehofer sogar zum Rücktritt auf. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, sagte, die tatsächlichen Mütter aller Probleme seien "die schreiende Ungerechtigkeit und die Kriege dieser Welt". FDP-Chef Christian Linder beklagte, Seehofer sehe in Migration lediglich ein Problem. Das sei aber "zu klein gedacht". Denn mit "Management und Steuerung" könne Einwanderung auch eine Chance für ein alterndes Land sein.

In einem Interview mit der Rheinischen Post wiederholte und präzisierte Seehofer am Donnerstag seine Aussage. Der Innenminister sagte, der Aufstieg der AfD und der schwindende Rückhalt für die Volksparteien liege "natürlich nicht alleine" an der Migrationspolitik. Aber die Migrationsfrage sei "die Mutter aller politischen Probleme in diesem Land". Das sage er seit drei Jahren - und das würden viele Umfragen bestätigen. Viele Menschen würden "ihre sozialen Sorgen mit der Migrationsfrage" verbinden. Bereits jetzt sei "in Sachsen kaum mehr eine Regierung möglich ohne AfD oder Linkspartei". Dies sei doch kein akzeptabler Zustand.

Bei der CSU-Klausur hatte Seehofer auch Verständnis für die Bürger gezeigt, die in Chemnitz nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen auf die Straße gegangen waren. Die Tat sollen Asylbewerber begangen haben. An den Demonstrationen hatten auch viele Rechtsradikale teilgenommen, einige von ihnen zeigten den Hitlergruß, andere griffen Journalisten an.

Seehofer sagte, er verstehe, "dass die Bevölkerung aufgewühlt ist, dass sie empört ist über dieses Verbrechen - und das sollte die Bevölkerung auch wissen, dass man eine solche Empörung nach einem so brutalen Verbrechen versteht". Der Rheinischen Post sagte der CSU-Chef sogar: "Ich wäre, wenn ich nicht Minister wäre, als Staatsbürger auch auf die Straße gegangen - natürlich nicht gemeinsam mit Radikalen."

Grünen-Chefin Annalena Baerbock verurteilte diese Äußerungen scharf. Sie sagte, "statt nun gemeinsam in einem breiten Bündnis an unserer Demokratie zu arbeiten", rede Seehofer die Ereignisse in Chemnitz klein. Dieses Vorgehen sei nicht nur fatal, es konterkariere auch die Aufgabe eines Innenministers. Denn dieser habe eigentlich den Rechtsstaat vor Verfassungsfeinden zu schützen.

© SZ vom 07.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Chemnitz
:Seehofer zeigt Verständnis für Demonstranten

Er könne verstehen, dass die Bevölkerung "aufgewühlt" sei, sagt der Bundesinnenminister. Das rechtfertige jedoch keine Hetze. Mit Blick auf die Erfolge der AfD sagt Seehofer, Migration sei "die Mutter aller Probleme".

Von Robert Roßmann

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