Krieg in der Ukraine:Finale in Florida

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Speaker Mike Johnson nach seinem Treffen mit dem früheren Präsidenten Donald Trump in dessen Residenz in Florida: ein Fingerzeig für die Ultrarechten. (Foto: Wilfredo Lee/AP)

Donald Trump sendet von seiner Strandresidenz ein vorsichtiges Signal aus: Unter Umständen darf der Kongress 60 Milliarden Dollar zugunsten der Ukraine freigeben. Damit könnten auch die Europäer aufatmen. Aber: Werden die Ultrarechten im Parlament auf ihren Paten hören?

Von Stefan Kornelius

Wie ein feudaler Herrscher residiert Donald Trump in seinem Strandclub in Florida und empfängt Bittsteller wie Schmeichler. Pilgerfahrten nach Mar-a-Lago gelten unter Republikanern als eingeübtes Verfahren. Nun sind sie plötzlich für den Krieg in der Ukraine, die Unterstützung der EU und damit auch für den deutschen Haushalt von höchster Bedeutung geworden.

Es geht um 60 Milliarden Dollar, Gelder der US-Regierung, die seit Monaten auf ihre Freigabe warten. Ein Großteil davon war für die Unterstützung der Ukraine gedacht, die dringend benötigte Waffen - vorwiegend aus den USA - kaufen würde. Fließt das Geld nicht, dann könnte die Verteidigung der Ukraine binnen Wochen zusammenbrechen.

Trump hält "gemeinsame Basis" für Ukraine-Zahlungen für möglich

Bisher hat die republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus aus Furcht vor Abweichlern vom rechten Trump-Flügel die Bewilligung verweigert. Jetzt ist der Speaker des Hauses, Mike Johnson, zu einem für ihn möglicherweise überlebenswichtigen Kriechgang nach Mar-a-Lago aufgebrochen - und hat dem Ex-Präsidenten bemerkenswerte Bilder und Worte abgetrotzt, die der Ukraine neue Hoffnung geben können.

Trump sagte nach dem Treffen mit Johnson, dass man über die Ukrainezahlung "eine gemeinsame Basis" finden könnte. Johnson, der die Finanzierung unterstützt und dringend durchsetzen möchte, hat ein Darlehens-Modell vorgestellt - und Trump ließ sich auf die Idee ein.

Wie belastbar die Zusage ist, entscheidet sich im Repräsentantenhaus. Sollte Johnson sich nun trauen, das entsprechende Gesetz einzubringen, muss sich der hartleibige Teil der Ultrarechten entscheiden. Trumps Signal gilt diesem Flügel, angeführt von der Abgeordneten Marjorie Taylor Greene, die immer wieder mit dem Entzug der Unterstützung Johnsons droht und damit die nächste Führungskrise der Republikaner im Kongress provozieren würde.

Trumps sagte nun vor den Kameras: "Ich stehe an der Seite des Speakers." Und weiter: "Er leistet wirklich gute Arbeit unter wirklich harten Bedingungen." Dann kam die Botschaft an die Rädelsführerin der Rechten: "Das ist für keinen Sprecher eine leichte Situation. Ich bin mir sicher, dass Marjorie das versteht."

"Wenn der Kongress der Ukraine nicht hilft, wird die Ukraine den Krieg verlieren"

Aber Marjorie wollte zunächst nicht verstehen und schoss sofort zurück, dass sie Speaker Johnson weiterhin nicht unterstütze. Johnson bleibt jetzt die schwierige Entscheidung, ob er das Finanzierungsgesetz einbringt und damit eine Revolte riskiert, oder ob er Trump vertraut, der in der Wahlphase keinen neuerlichen Machtkampf im Repräsentantenhaus gebrauchen kann.

Wie einflussreich Trumps Rolle in bedeutsamen Fragen der Außenpolitik ist, zeigt der Reigen der Bittsteller in Florida. Zu Beginn der Woche wurde bereits der britische Außenminister David Cameron vorstellig. Für Trump offenbar ein zu kleiner Fisch. Wie erfolgreich Camerons Einfluss war, wurde öffentlich nicht erkennbar. Cameron schwieg sich nach der Begegnung aus.

Auch dramatische Appelle des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij ("wenn der Kongress der Ukraine nicht hilft, wird die Ukraine den Krieg verlieren") oder des US-Oberkommandierenden in Europa, Christopher Cavoli, halfen nicht. Der Vier-Sterne-General teilte dem Verteidigungsausschuss im Kongress Mitte der Woche eine simple Wahrheit mit: "Die Seite, die nicht mehr zurückschießen kann, verliert." Übersetzung: Der Ukraine geht die Munition aus, während Russland seine Waffenproduktion in neue Sphären treibt.

Die EU ist eigentlich geübt in der Beschaffung hoher Geldbeträge

In Europa wird zwar an der Sinnhaftigkeit einer Bittsteller-Tour nach Florida gezweifelt, allerdings ist die Zustimmung Trumps von höchster Bedeutung auch für die Haushaltskassen etwa der Bundesrepublik oder Frankreichs. Seit Wochen werden in Berlin und anderen europäischen Hauptstädten Planspiele angestellt, wie die Europäer auf einen Ausfall der US-Zahlungen reagieren müssten.

Bundeskanzler Olaf Scholz rückte das Thema Ukrainehilfe in den Mittelpunkt der ersten Dreierrunde mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem polnischen Premier Donald Tusk am 18. März. Wie immer floss die Unterstützung in die Formel, man werden "alles und so lange wie möglich" dafür tun, dass Russland den Krieg nicht gewinnen werde. Aber 60 Milliarden?

Die EU ist geübt in der Beschaffung hoher Geldbeträge, gerade für die Ukraine. Der Vorschlag der Kommission, die Zinsgewinne aus eingefrorenem russischem Vermögen abzugreifen, liegt auf dem Tisch. Allerdings handelt es sich dabei nur um wenige Milliarden. Das US-Finanzministerium hat jetzt eine Idee aus Brüssel gespiegelt, wonach das Geld auch als Sicherheiten für Schuldverschreibungen eingesetzt werden könnte. Bleiben dennoch erkleckliche Lücken: Nach dem üblichen EU-Schlüssel müsste, bei einem Finanzbedarf von 60 Milliarden, Deutschland etwa ein Viertel tragen.

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