Anschlag in der Türkei:Die PKK meldet sich zurück

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Sicherheitskräfte riegeln ein Gebiet in Ankara ab. Zwei Attentätern war es gelungen, ins schwer gesicherte Zentrum der türkischen Hauptstadt einzudringen. (Foto: Ali Unal/AP)

Erstmals seit langem bekennt sich die kurdische Gruppe zu einem Anschlag - und das mitten in der Hauptstadt Ankara. Präsident Erdoğan dürfte das schon bald zu nutzen wissen.

Von Raphael Geiger, Istanbul

Die Türkei hat viel Erfahrung mit Terror, das merkt man zu Beginn dieser Woche wieder. Ja, der Anschlag, der am Sonntagmorgen die Hauptstadt Ankara traf, bestimmt am Montag die türkischen Schlagzeilen. Aber da ist wenig Schock, wenig Entsetzen. Gemessen daran, was geschehen ist.

Zwei Attentäter, noch ist unklar, ob es Frauen oder Männer waren, schaffen es ins schwer gesicherte Zentrum von Ankara, auf den Atatürk-Boulevard zwischen Innenministerium und Parlament. Und das am Tag, als die Abgeordneten nach der Sommerpause zum ersten Mal wieder zusammenkamen. Präsident Erdoğan hielt dazu im Plenum eine Rede.

Noch am Sonntagabend folgt die Vergeltung

Die Attentäter sollen am Samstag in Kayseri, südöstlich von Ankara, den Wagen eines Tierarztes gestohlen haben. Nach türkischen Angaben erschossen sie den Mann. Mit dem Auto fuhren sie dann in die Hauptstadt, wobei sich einer von ihnen vor dem Innenministerium in die Luft sprengte, während der andere anfing zu schießen. Bevor auch er die Bombe an seinem Körper zünden konnten, starb er durch Kugeln der türkischen Polizei. Zwei Polizisten wurden verletzt.

Anders als beim letzten größeren Anschlag in der Türkei, im Dezember, als mehrere Menschen auf der Istanbuler Einkaufsstraße İstiklal starben, gibt es diesmal ein Bekennerschreiben. In der Sprache der kurdischen PKK-Miliz war der Anschlag eine "Aufopferungsaktion", so schreibt es die PKK-nahe Nachrichtenagentur ANF. Perfide klingt die Aussage, die beiden aus der "Brigade der Unsterblichen" hätten durchaus Menschen töten können, wenn sie es gewollt hätten. Es sei ihnen aber allein um ein "Signal" gegangen. Dafür waren sie bereit zu sterben.

Was der Anschlag signalisieren sollte? Vermutlich, dass die Türkei noch immer verwundbar ist, auch wenn es zuletzt weniger Terroranschläge im Land gab. Der PKK geht es wohl darum, zu zeigen, dass der Waffenstillstand nicht mehr gilt, den sie nach den Erdbeben im Februar verkündet hatte. Die türkische Luftwaffe flog in letzter Zeit wieder intensive Angriffe auf kurdische Ziele in Nordsyrien und im Nordirak, gerade auch mit ihren Drohnen. Oft starben dabei Zivilisten.

Am Sonntagabend noch folgte die Vergeltung für den Anschlag, wie üblich aus der Luft. Die Luftwaffe habe 20 Ziele "neutralisiert", wie es vom türkischen Verteidigungsministerium in Ankara hieß. Von einer größeren Militäroperation in den kurdischen Gebieten ist bisher nicht die Rede. Erdoğan dürfte den Anschlag aber zumindest rhetorisch nutzen, wenn es schon bald wieder um Schwedens Nato-Beitritt geht.

Den blockiert die Türkei nach wie vor, wobei das Parlament die Ratifizierung auf der Tagesordnung hat. Erdoğan hat in den vergangenen Tagen wieder auf die PKK-Demos auf schwedischen Straßen hingewiesen, erst am Wochenende verbrannten Demonstranten in Stockholm eine Puppe des Präsidenten - was das türkische Außenministerium sofort verurteilte. Bei seiner Rede im Parlament, wenige Stunden nach dem Anschlag, sprach Erdoğan vom "letzten Zucken des Terrors".

Auf die Türkei wartet ein weiterer Wahlkampf mit nationalistischen Tönen

Noch behält er sich vor, den schwedischen Beitritt weiter zu blockieren, auch wenn er offiziell aufs Parlament verweist. Wann genau die Abgeordneten über die Schweden-Frage abstimmen, ist noch nicht klar. Vorher erwartet Erdoğan wohl von den USA, der Türkei die gewünschten F-16-Kampfjets zu liefern - und er verlangt weitere Zugeständnisse aus Stockholm, was die dortige PKK-Präsenz betrifft. Gerade nach dem Anschlag vom Sonntag.

Innenpolitisch wird die türkische Regierung weiter hart gegen die Kurden vorgehen. Die ersten kurdischen Aktivisten wurden schon in der Nacht zum Montag verhaftet. Am Dienstag schrieb Innenminister Ali Yerlikaya auf der Plattform X, es habe landesweit 466 Einsätze gegen Einheiten der PKK gegeben. Es seien 55 Verdächtige in 16 Provinzen festgenommen worden.

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Erdoğans AKP regiert zusammen mit der rechtsradikalen MHP. Auch bei den Kommunalwahlen im kommenden Frühling, wenn es um das Rathaus von Istanbul geht, werden die Parteien wahrscheinlich gemeinsame Kandidaten nominieren. Erdoğan will Istanbul unbedingt zurückgewinnen, dort regiert seit 2019 der Oppositionspolitiker Ekrem İmamoğlu.

Auf die Türkei wartet dann ein weiterer Wahlkampf mit nationalistischen Tönen. Erdoğan hat trotz der andauernden Wirtschaftskrise keine schlechten Chancen, wenn sich die Kurden vom Rest der Opposition isolieren. Anschläge wie jener am Sonntag in Ankara dürften dem Präsidenten dabei helfen.

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