Angebliche Verwicklung in Explosionen:Tschechien weist 18 russische Diplomaten aus

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Die russische Botschaft in Prag: 18 Diplomaten müssen Tschechien verlassen. (Foto: Gabriel Kuchta/Getty Images)

Das Nato-Mitglied verdächtigt Russland, hinter Explosionen in einem tschechischen Munitionsdepot vor knapp sieben Jahren zu stecken. Regierungschef Babiš spricht von "nie dagewesenen Enthüllungen".

Tschechien wirft Russland vor, hinter Explosionen in einem tschechischen Munitionslager im Jahr 2014 zu stecken. Deswegen weise man 18 Beschäftigte der russischen Botschaft in Prag aus, die eindeutig als als Mitarbeiter der Geheimdienste SWR und GRU identifiziert worden seien, erklärten Ministerpräsident Andrej Babiš und Innenminister Jan Hamáček, der zugleich auch Interims-Außenminister ist, am Samstag im Fernsehen. Es handelt sich damit um einen der schwersten Konflikte zwischen beiden Ländern seit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989.

Die Botschaftsmitarbeiter müssten Tschechien innerhalb von 48 Stunden verlassen, sagte Hamáček. "Tschechien ist ein souveräner Staat und muss auf diese nie dagewesenen Enthüllungen in entsprechender Form reagieren", betonte Regierungschef Babiš.

In dem Munitionslager in Vrbětice, rund 110 Kilometer östlich von Prag, war es im Oktober und Dezember 2014 zu Explosionen gekommen. Dabei kamen zwei Menschen ums Leben und es entstand enormer Sachschaden. Das Lager wurde von kommerziellen Rüstungsfirmen genutzt. Die Ermittlungen einer Sondereinheit für organisierte Kriminalität dauerten an, hieß es.

Moskau reagierte prompt. Prag sei sich sehr bewusst, was auf "solche Tricks" folge, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Agentur Interfax zufolge. Die Agentur Interfax zitierte einen ungenannten russischen Diplomaten mit der Aussage, im Gegenzug stehe eine Schließung der tschechischen Botschaft in Moskau im Raum. Zudem zitierte Interfax den russischen Abgeordneten und Außenpolitiker Wladimir Dschabarow mit den Worten, die Vorwürfe Tschechiens seien absurd und müssten mit einer gleichen Reaktion beantwortet werden.

Polizei sieht Verbindung zu Skripal-Anschlag

Die US-Botschaft in Prag twitterte, die USA stünden fest an der Seite ihres Nato-Verbündeten und begrüßten dessen Schritte.

Die Ausweisungs-Ankündigung kommt kurz nach einem heftigen Streit über eine ursprünglich für Montag geplante Moskau-Reise Hamáčeks. Der Minister hatte den Besuch am Samstag kurzfristig abgesagt, nachdem sowohl die Opposition als auch der Ministerpräsident das Vorhaben scharf kritisiert hatten. Hamáček wollte in Russland über etwaige Lieferungen des Corona-Impfstoffs Sputnik V verhandeln.

Der tschechischen Polizei zufolge weisen die Anschläge auf das Munitionslager auch eine Verbindung zur Vergiftung des übergelaufenen russischen Spions Sergej Skripal auf. Dieser war 2018 in Großbritannien mit dem russischen Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet worden. Ein Anschlag, den er nur knapp überlebte.

Die tschechische Polizei teilte der Agentur Reuters zufolge am Samstag mit, sie fahnde nach zwei Männern, deren Pässe auf die Namen Alexander Petrow und Ruslan Boschirow lauteten - zwei Namen, die 2018 auch im Zusammenhang mit der Vergiftung Skripal eine Rolle spielten. Britische Behörden hatten seinerzeit erklärt, dies seien die Pseudonyme zweier russischer Geheimdienstmitarbeiter, die für den versuchten Mord an Skripal verantwortlich seien. Die tschechische Polizei teilte am Samstag mit, diese beiden Männer würden auch im Zusammenhang mit den Explosionen in dem Munitionsdepot gesucht.

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