Petr Pavel ist noch nicht im Amt, legt sich aber schon mit China an. Am Montag telefonierte der Gewinner der tschechischen Präsidentschaftswahl mit der Präsidentin von Taiwan, Tsai Ing-wen. Das Gespräch habe eine Viertelstunde gedauert, informierte die taiwanische Präsidentenkanzlei auf Twitter. Tsai Ing-wen hatte Pavel zum Wahlsieg gratuliert - der bedankte sich und versicherte ihr, dass Taiwan und Tschechien die gleichen Werte teilen, nämlich Freiheit, Demokratie und Menschenrechte und "dass wir unsere Partnerschaft weiter stärken wollen". So twitterte Pavel.
China, das Taiwan als Teil der Volksrepublik ansieht, berief den tschechischen Botschafter ein und ließ ausrichten, Pavel sei nicht vertrauenswürdig und habe sein Bekenntnis zur Ein-China-Politik aus dem Wahlkampf Lügen gestraft. In Tschechien hatte sich bisher vor allem die sozialliberale Piratenpartei für gute Beziehungen zu Taiwan eingesetzt. Der noch amtierende Präsident Miloš Zeman pflegte enge Beziehungen nach China und lange auch nach Russland, über Sicherheitswarnungen des tschechischen Geheimdienstes BIS mokierte er sich.
Premier Petr Fiala von der konservativen ODS bekräftigte, Tschechien stehe zur Ein-China-Politik, aber: "Als souveräner Staat entscheiden wir selbst, mit wem wir telefonieren und mit wem wir uns treffen werden."
Pavel steht klar an der Seite der Ukraine
Mit der Wahl Petr Pavels werden nun wohl öfter neue, selbstbewusste Töne aus Prag zu hören sein. Schon am Samstag nach der Wahl hatte Fiala in deutlichen Worten die Niederlage des ehemaligen Premiers und nun Oppositionsführers Andrej Babiš kommentiert: "Wir sind Zeugen vom Anfang des Endes seiner politischen Ära in diesem Land." Man dürfe sich aber nicht täuschen, es könne noch "lang und unangenehm" werden. Zeman, der Babiš unterstützt hatte, sagte, man solle Babiš noch nicht abschreiben.
Der ehemalige Oberbefehlshaber der tschechischen Armee, Petr Pavel, hatte in der Stichwahl am Wochenende mit mehr als 58 Prozent der Stimmen deutlich gegen den Populisten Babiš gewonnen. Er hatte einen Wahlkampf ohne persönliche Angriffe geführt, steht für europäische Werte und die Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angreifer. Der Großunternehmer Babiš hatte Kriegsängste geschürt, mal unter Kommunisten, mal unter Rechtsextremen Verbündete gesucht und vor allem die Regierung kritisiert.
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Ärger und Unverständnis hatte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron in Tschechien ausgelöst, als er noch vor dem ersten Wahlgang Andrej Babiš in Paris empfing. Die Wochenzeitung Respekt witterte dahinter den Versuch des Franzosen, Politiker um sich zu sammeln, die um jeden Preis Frieden zwischen Russland und der Ukraine haben wollen - auch zum Nachteil der überfallenen Ukraine. Babiš hatte immer wieder von einem "Friedensgipfel" in Prag gesprochen. Noch am Samstag gratulierte Macron Pavel zum Wahlsieg.
Entsprechend Pavels Wahlkampfslogan sollen nun "Ordnung und Ruhe" auf der Prager Burg einkehren. Die Regierung erwartet eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem neuen Präsidenten, anders als mit Miloš Zeman, der das politische Tagesgeschäft störte und behinderte. Gegen Zeman gab es sogar Verfassungsbeschwerden, weil er immer wieder seine Kompetenzen als Präsident überschritten hat.
In der Slowakei gab es Jubel, als ginge es immer noch um ein gemeinsames Land
In Polen freuen sich Präsident Andrzej Duda und Regierungschef Mateusz Morawiecki wohl vor allem deshalb über Petr Pavels Sieg, weil Andrej Babiš kurz vor der Wahl in einer TV-Debatte gesagt hatte, er würde Polen im Angriffsfall keine Unterstützung schicken. In der Slowakei löst die Wahl Pavels im proeuropäischen Lager Jubel aus, als ginge es noch immer um ein gemeinsames Land.
Präsidentin Zuzana Čaputová reiste bereits am Samstag nach Prag und gratulierte Pavel persönlich auf dessen Wahlparty. Auch Čaputová, die sich in einem Jahr der Wiederwahl stellen muss, wird in Tschechien von vielen wie eine eigene Präsidentin verehrt. Helfer aus ihrem Wahlkampfteam von 2019 hatten nun auch für Pavel gearbeitet. Die ehemalige Bürgerrechtlerin und Rechtsanwältin steht wie nun Pavel für einen Neuanfang in der Politik nach Jahren populistischer, extremistischer und in der Slowakei auch stark autokratischer und von Korruption unterwanderter Politik.
"Ich freue mich außerordentlich, dass es in unserer Region und in Europa ein Staatsoberhaupt geben wird, das die demokratischen Werte ehrt und dessen Kraft aus dem Frieden kommt", sagte Čaputová in Prag.
Zu Hause in Bratislava sieht sie sich einem schon Jahre währenden Regierungschaos gegenüber. Die Minderheitsregierung unter Premier Eduard Heger hatte im Dezember eine Vertrauensabstimmung verloren und ist nur noch geschäftsführend im Amt. In dieser Woche soll sich das Parlament auf einen baldigen Neuwahltermin verständigen, andernfalls werde sie eine Expertenregierung einsetzen, hatte Čaputová angekündigt. Es gibt Befürchtungen, dass in der Slowakei erneut Politiker an die Macht kommen, die für mafiöse Verstrickungen berüchtigt sind.