Ungefähr dreimal pro Woche erhalten Donald Trumps Unterstützer eine E-Mail, die für sie die neuesten Entwicklungen im Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten zusammenfasst - aus der Sichtweise Trumps natürlich. "Das amerikanische Volk glaubt den unbegründeten Impeachment-Bullshit nicht mehr", heißt es etwa in der Nachricht, die seine Wahlkampforganisation nach den Anhörungen am Dienstag verschickte. Bei den Untersuchungen im Kongress handle es sich um einen "Coup" der Demokraten, nichts weniger als einen Staatsstreich. Verbunden ist das Update mit einem Spendenaufruf an die Empfänger: Wer bis Mitternacht mindestens 15 Dollar an Trumps Wahlkampfkasse überweise, erhalte einen Aufkleber. Darauf steht: "Stoppt den Impeachment-Schwindel."
So läuft das nun schon seit Beginn der Ukraine-Affäre. Alleine am ersten Tag der Anhörungen nahm Trumps Kampagne mehr als drei Millionen Dollar an Spenden ein. Für eine Überweisung von 35 Dollar erhielten Spender dabei eine Plastikkarte im Kreditkartenformat. Das Amtsenthebungsverfahren als Geldmaschine - für Donald Trump. Anders, als man das vielleicht hätte annehmen können, versuchen der Präsident und sein Team gar nicht erst, von der Tatsache abzulenken, dass Trump das Subjekt der erst vierten Impeachment-Untersuchung in der Geschichte der Vereinigten Staaten ist. Sie gehen viel eher in die Offensive. Das Impeachment, glauben sie, wird bei den Wahlen im nächsten Jahr zur Waffe, die sie gegen die Demokraten einsetzen können.
Impeachment:Vertrauter belastet Trump schwer
Der amerikanische EU-Botschafter Sondland bestätigt zentrale Vorwürfe gegen den Präsidenten: Dieser habe Unterstützung für Kiew von einem persönlichen Gefallen abhängig gemacht.
Trump und seine Anhänger glauben, dass ihm das Verfahren bei der Wahl nützen wird
Das gilt nicht nur für Trump, sondern auch für seine Partei. Die Republikaner schalten in den politisch umkämpften Bundesstaaten massenweise TV-Werbespots und Zeitungsinserate, in denen sie schon jetzt zur Abwahl jener demokratischen Abgeordneten aufrufen, die im Repräsentantenhaus für die Impeachment-Untersuchung gestimmt haben. Das sind bis auf zwei Abgeordnete alle Mitglieder der Fraktion. "Stop the madness", heißt der Slogan der Republikaner, stoppt den Wahnsinn. Die Kampagne zielt besonders auf die Demokraten in den 31 Wahlkreisen, die 2016 mehrheitlich noch für Trump gestimmt hatten. Viele von ihnen wurden erst bei den Zwischenwahlen im vergangenen Herbst gewählt. Sie trugen so entscheidend dazu bei, dass die Opposition die Mehrheit im Repräsentantenhaus eroberte.
Diese Leute hätten versprochen, sich in Washington für überparteiliche Anliegen einzusetzen, heißt es in den Werbespots der Republikaner - Anliegen wie den neuen Handelsvertrag, den die Trump-Regierung mit Mexiko und Kanada abgeschlossen hat, der aber erst noch vom Kongress ratifiziert werden muss. Stattdessen versuchten die angeblichen Mehrheitsbeschaffer jetzt im Gleichschritt mit der demokratischen Parteiführung, Trump aus dem Amt zu jagen.
Die Angriffe der Republikaner unterstreichen, dass sich viele Demokraten mit ihrer Zustimmung zur Einleitung des Impeachmentverfahrens verwundbar gemacht haben. Die gute Nachricht für die Opposition ist, dass sich bisher in den Meinungsumfragen nicht jener "Backlash" gezeigt hat, den viele in der Partei befürchtet hatten. Eine Solidarisierung mit dem Präsidenten, wie sie seinerzeit Bill Clinton während dessen Impeachment erlebt hatte, gibt es nicht. Die schlechte Nachricht für die Demokraten ist, dass die Umfragen aber auch keine sichtbare Bewegung unter republikanischen und unabhängigen Wählern zeigen, die sich nun für eine Amtsenthebung Trumps aussprechen. Laut der Website RealClearPolitics sind über alle Erhebungen gesehen 47,8 Prozent der Amerikaner für die Absetzung Trumps, 46,4 Prozent lehnen sie ab. Das ist ein Patt. Vor einem Monat waren noch 49,5 Prozent für ein Impeachment gewesen und 44,8 Prozent dagegen. Die Unterstützung ist also in den vergangenen Wochen eher gesunken.
Bislang stehen alle Abgeordneten geschlossen hinter dem Präsidenten
Das wissen auch die Republikaner im Kongress. Es scheint bisher nicht so zu sein, dass ihre Abgeordneten von den Wählern unter großen Druck kämen, von ihrer bedingungslosen Verteidigung Trumps abzurücken. "Kein einziger Republikaner" im Repräsentantenhaus werde sich gegen den Präsidenten wenden, schrieb das Online-Magazin Politico am Mittwoch. Nicht einmal bei den vielen Parlamentariern der Partei, die bereits angekündigt haben, bei den Wahlen im nächsten Jahr nicht mehr anzutreten, gebe es Anzeichen für einen Sinneswandel. Dabei hätten diese Leute politisch am wenigsten zu verlieren und könnten sich am ehesten leisten, Trumps Verhalten zumindest offen zu kritisieren.
Nicht auszuschließen, dass die für den Präsidenten belastende Aussage von Gordon Sondland, einer der Schlüsselfiguren in der Ukraine-Affäre, daran noch etwas ändert - doch wahrscheinlich ist es nicht. Trump selbst hat von den Republikanern wiederholt gefordert, sich ohne Zwischentöne hinter ihn zu stellen. Für seine Partei ist das nicht immer einfach, zum Beispiel dann nicht, wenn er wie am Dienstag Zeugen attackiert. Noch während der Offizier Alexander Vindman in der Impeachment-Anhörung vor dem Kongress aussagte, verschickte das Weiße Haus über das offizielle Twitter-Konto Nachrichten, in denen es Vindmans Glaubwürdigkeit infrage stellte. Vindman ist Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates - und somit auch ein Angestellter des Weißen Hauses. Problematisch? Nicht für Trump.