Trump-Impeachment:Was das Votum im Repräsentantenhaus bedeutet und wie es danach weitergeht

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Die Abgeordneten werden voraussichtlich für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten stimmen. Für dieses ist dann der Senat zuständig. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Thorsten Denkler, New York

Washington steht ein historischer Moment bevor: Das Repräsentantenhaus entscheidet über die offizielle Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Donald Trump. Die US-Demokraten haben eine Abstimmung in dieser Woche angekündigt, erwartet wird sie schon für Mittwoch. Vorher wird es eine Debatte geben, die sich über den ganzen Tag erstrecken könnte.

Ob die Entscheidung nun heute kommt oder in ein paar Tagen: Insgesamt wird es ein Prozess im Eilverfahren. Noch nie hat das House in so kurzer Zeit ein Impeachment gegen einen amtierenden Präsidenten initiiert und beschlossen. Gut zwölf Wochen ist es her, dass die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am 24. September die Ermittlungen für den Beginn eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump formal eingeleitet hat.

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Nach vier Wochen Vorbereitung und Zeugenbefragungen hinter verschlossenen Türen, mehr als einer Woche öffentlichen Anhörungen im Geheimdienstausschuss, zehn Tagen juristischer Aufbereitung der Ermittlungen im Justizausschuss mit Formulierung der beiden Articles of Impeachment, der zwei Anklagepunkte gegen Trump, dürfte das House jetzt Geschichte schreiben. Trump wird nach Andrew Johnson und Bill Clinton voraussichtlich der dritte Präsident der Vereinigten Staaten, gegen den das Repräsentantenhaus ein Impeachment beschlossen hat. Aber was jetzt? Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

Wie wahrscheinlich ist es, dass das Repräsentantenhaus am Mittwoch für ein Impeachment stimmt?

Sehr wahrscheinlich. Da die Demokraten in der Kongress-Kammer eine Mehrheit haben, wird eine Annahme der Anklagepunkte erwartet. Allerdings hat die Frage, wie viele Abgeordnete beim Votum von der Parteilinie abweichen werden, durchaus eine gewisse symbolische Bedeutung.

Was bedeutet das Impeachment für Trump?

Technisch erst mal nicht viel. Die Abgeordneten werden letztlich nur beschließen, dass Trump angeklagt wird. Aus zwei Gründen: wegen mutmaßlichen Amtsmissbrauchs und weil er den Kongress in seiner Ermittlungsarbeit behindert haben soll. Ob Trump auch schuldig gesprochen wird, das entscheidet der Senat. Für eine Verurteilung müssten zwei Drittel der Senatoren stimmen. Allerdings haben die Republikaner im Senat die Mehrheit. 20 von ihnen müssten mit den Demokraten stimmen, um Trump aus dem Amt zu hebeln. Unwahrscheinlich.

Politisch und historisch aber ist der Beschluss bedeutend. Trump wäre in der Geschichte der USA nach Andrew Johnson 1868 und Bill Clinton 1998 der erst dritte Präsident, der vom Abgeordnetenhaus formal angeklagt wird. Verurteilt und damit des Amtes enthoben wurde aber noch kein US-Präsident. Dennoch ist schon das Impeachment ein Makel, der auf ewig an einem Präsidenten haften bleiben wird.

Welche Aufgaben haben der Senat und das Repräsentantenhaus im Impeachment?

Während es dem Repräsentantenhaus nach der US-Verfassung vorbehalten ist, ein Impeachment zu beschließen, ist es die alleinige Aufgabe des Senates, über das Impeachment zu befinden. Das Verfahren ist - von der Ermittlung bis zum Urteil - dem einer Strafverfolgung angelehnt:

  • Die Abgeordneten der Fachausschüsse im Repräsentantenhaus ermitteln, indem sie Zeugen befragen und Akten einsehen; das Repräsenantenhaus vertritt dann gewissermaßen die Anklage.
  • Die Verteidigung übernehmen Trumps Anwälte.
  • Der Justizausschuss übernimmt die Rolle der Staatsanwaltschaft und bereitet auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse die Anklage, das Impeachment, vor. Anklage erhoben wird dann formal von der einfachen Mehrheit aller Abgeordneten.
  • Der Senat wiederum übernimmt die Rolle des Gerichtes. Die 100 Senatoren sind die Richter, die am Ende über eine Verurteilung des Angeklagten entscheiden. Einer Verurteilung müssen zwei Drittel der Senatoren zustimmen, damit sie wirksam wird.

Welche Regeln gibt es noch für das Verfahren im Senat?

Das Regelwerk in seiner aktuellen Fassung umfasst 26 Punkte. Die Grundlage dafür hat das Impeachment gegen Präsident Andrew Johnson von 1868 gelegt, was manche Regel antiquiert wirken lässt. So ist etwa vorgesehen, dass jeder neue Tag einer Impeachment-Verhandlung im Senat mit diesen Worten eröffnet wird: "Hear ye, hear ye, hear ye. All persons are commanded to keep silence, on pain of imprisonment." Grob übersetzt: Wer nicht still ist, dem droht Knast.

Die Regeln wurden immer wieder mal leicht angepasst, etwa im Zuge der Watergate-Affäre von Richard Nixon und im Impeachment gegen Bill Clinton. 1986 etwa wurde festgelegt, dass im Fernsehen nur Personen gezeigt werden dürfen, die tatsächlich reden. Alle Regeln können jederzeit mit einer einfachen Mehrheit von 51 Stimmen geändert werden. Weswegen nicht klar ist, ob die existierenden Regeln im kommenden Verfahren Bestand haben werden. Theoretisch reicht die einfache Mehrheit, um umgehend nach Beginn des Verfahrens den Prozess für beendet zu erklären und sofort über die Verurteilung zu entscheiden.

Wie wird das Impeachment-Verfahren im Senat eröffnet?

Sofern das Repräsentantenhaus dafür stimmt, wird der Senat voraussichtlich Mitte oder Ende Januar wohl das Impeachment aufnehmen. Der Vorsitzende des Senates, in diesem Fall John Roberts, wird dafür den Protokollchefs (den Sergeant at Arms of the Senate), Michael Stenger, auffordern, eine Ankündigung zu machen. Und der wird dann erklären, dass alle Anwesenden still zu sein haben, bis ein Vertreter des Repräsentantenhauses die Anklagepunkte gegen den Präsidenten vorgetragen hat.

Einige House-Vertreter, vermutlich alles Demokraten, verlesen in der Rolle der Staatsanwälte die Anklage. Anders als in regulären Gerichtsverfahren haben sie das erste und auch das letzte Wort, bevor über die Verurteilung entschieden wird.

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Nach der Anklage können Trumps Verteidiger ihre Eröffnungsplädoyers halten. Das können etwa Anwälte des Präsidenten aus dem Weißen Haus oder persönliche Anwälte sein, die von ihm auch persönlich bezahlt werden. Wie viele Anwälte er schickt, bleibt Trump überlassen. Zeugen darf allerdings nur ein Anwalt befragen. Und nur zwei seiner Anwälte dürfen im Eröffnungs- und Schlussplädoyer reden.

Wie geht das Verfahren weiter?

Ist die Eröffnung beendet, muss am Tag danach um genau 13 Uhr der Senat seine Beratungen aufnehmen. Er kann dann etwa zunächst die Regeln des Verfahrens überarbeiten. Und er wird vermutlich den US-Präsidenten schriftlich auffordern, zu den Articles of Impeachment Stellung zu nehmen. Trump kann das tun. Aber auch lassen. Antwortet er nicht innerhalb einer gesetzten Frist, wird das als ein Plädoyer auf "nicht schuldig" gewertet.

Wer leitet das Impeachment?

Leiten wird die Verhandlung nach den bestehenden Regeln kein Senator, sondern der Vorsitzende Richter des Supreme Courts, des höchsten Gerichts der USA. Derzeit ist das Chief Justice John Roberts. Er stellt auch die Fragen des Senates an etwaige Zeugen. Hat ein Senator eine Frage, muss er sie dem Chief Justice schriftlich vorlegen, damit dieser sie stellen kann. Ein wilder Schlagabtausch dürfte damit kaum zu erwarten sein. Reden dürfen auch die Vertreter der Anklage und der Verteidigung, wenn Roberts ihnen das Wort erteilt.

Die Macht des Chief Justice ist allerdings begrenzt. Er wacht zwar über die Einhaltung der Regeln. Aber die Regeln macht die Senatsmehrheit.

Wer entscheidet, welche Zeugen gerufen werden?

Jeder Senatsausschuss kann per Mehrheitsbeschluss Zeugen berufen. Und die Mehrheit haben die Republikaner. Aber ganz so einfach ist es nicht. Trump etwa will den Whistleblower im Zeugenstand sehen, der die Ukraine-Affäre erst in Rollen gebracht hat. Vornehmlich, um ihn als parteiischen Schurken brandmarken zu lassen, der ein Komplott gegen Trump angeführt habe.

Allerdings haben die Republikaner im Senat nur eine sehr knappe Mehrheit von 53 Sitzen. Eine knappe Handvoll Senatoren der Republikaner gilt als Trump-skeptisch. Von diesen drei bis fünf Senatoren hängt es im Wesentlichen ab, ob und welche Zeugen gehört werden und wie umfangreich das Impeachment-Verfahren vor dem Senat wird.

Einige der Trump-skeptischen Republikaner haben ein großes Problem damit, den Whistleblower als Zeugen zu hören. Zu groß ist die Gefahr, dass er enttarnt werden könnte. Es könnte also sein, dass der Whistleblower nicht als Zeuge geladen wird, sehr wohl aber Zeugen, die die Demokraten gerne hören würden. Trumps Stabschef im Weißen Haus, Mick Mulvaney, etwa.

Wie wird über eine Verurteilung entschieden?

Sind alle Argumente gehört, ziehen sich die Senatoren zu Beratungen hinter verschlossenen Türen zurück. Die Abstimmung aber erfolgt öffentlich, wenn sich jeder Senator sein Urteil gebildet hat. Die Senatoren werden dann zu jedem der beiden Anklagepunkte einzeln aufgefordert, ihr Urteil abzugeben. Sie müssen sich dazu von ihren Platz erheben und dann jeweils "schuldig" oder "nicht schuldig" rufen. Wenn zwei Drittel der Senatoren Trump für schuldig erklären, ist er des Amtes enthoben. Der Senat könnte danach auch noch mit einfacher Mehrheit beschließen, Trump für alle Zukunft zu verbieten, öffentliche Ämter anzunehmen. Erklären ein Drittel und mehr Senatoren Trump für unschuldig oder enthalten sich, bleibt er im Amt.

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