Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wenn es um Toleranz geht, scheitert man allzu leicht an sich selbst und kollidiert mit den eigenen Ansprüchen oder den eigenen latenten Vorurteilen. Grund genug, ihnen in der von den SZ-Lesern gewünschten Toleranz-Recherche (#ToleranSZ) auf den Grund zu gehen. Wenn man etwa, wie uns ein Leser schrieb, schwarze Kommilitonen automatisch auf Englisch anspricht. Also intuitiv eine dunkle Hautfarbe mit Fremdsein gleichsetzt.
Eine Erfahrung, die auch die Universität Wien machen musste, die das Foto eines schwarzen Studenten ohne dessen Wissen immer dann verwendet hat, wenn es um Internationales ging. Bis sich der aus dem Salzburger Raum stammende junge Mann in einem offenen Brief an die "Liebe Uni Wien" beschwerte: "Ich habe mir von dir einfach ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl erwartet. ... Mir ist es persönlich echt unangenehm, meine Hautfarbe zum Thema zu machen. Aber irgendwie habe ich einfach keine Lust mehr, dein ungefragtes Aushängeschild für Internationalität zu sein."
"Los geht's" zu einem Rollstuhlfahrer sagen?
Wer also das sichere Fahrwasser des eigenen sozialen Gefüges verlässt, mag sich leicht von einem wie auch immer gearteten Anderssein überfordert fühlen, weil es nicht den Erwartungen entspricht. Oder weil er nicht über die im eigenen Hirn verankerten Schemata hinausdenkt. Oder schlicht aus Unwissenheit. Der eine wird nervös, wenn der stotternde Kollege den Satz nicht gleich zu Ende bringt und übernimmt das für ihn. Der andere zieht den sehbehinderten Passanten erschrocken vom Bahnsteigrand weg, weil man als Sehender nicht weiß, dass die Rillen der Leitstreifen dort Orientierung bieten. Oder man überkompensiert und traut sich nicht "Auf Wiedersehen" zu einem blinden Bekannten oder "Los geht's" zu einem Rollstuhlfahrer zu sagen. (Eine übertriebene Rücksichtnahme, die Betroffene durchaus albern finden.)
Gerade in der Begegnung mit behinderten Menschen fehlt vielen mangels Kontakt und Erfahrung die nötige Gelassenheit. Wir sammeln in der #ToleranSZ-Recherche deswegen Situationen voller Unsicherheit, wie man sich am besten verhält oder ausdrückt. Mailen Sie uns, posten oder twittern Sie, wenn Sie entsprechende Erfahrungen gemacht oder Beispiele im Kopf haben. Wir werden sie von Experten kommentieren lassen. Um Peinlichkeiten für alle Beteiligten zu vermeinden, wie auch dieses Video (Empfehlung einer Leserin auf unserer Facebookseite) zeigt.
Gesucht sind nach wie vor auch #momentmal-Erfahrungen, scheinbar harmlose Situationen oder Bemerkungen, bei denen auf den zweiten Blick Vorurteile und Ressentiments durchschimmern. So was wie
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Weil Die Recherche ein Leser-Projekt ist, setzen wir noch in einer weiteren Frage auf Ihre Unterstützung. Unsere Autorin Katja Schnitzler will sich der mangelnden Toleranz gegenüber anderen Lebensmodellen annehmen, die sie insbesondere bei Eltern (auch bei sich selbst) diagnostiziert hat. Wenn also die nicht arbeitende Mutter die Vollzeitarbeitnehmerin kritisiert oder umgekehrt; oder der Hausmann den Vater, der nur gemeinsam mit seiner Frau Elternzeit nimmt. Bis hin zu eher privaten Details der Lebens- oder Haushaltsführung. Oder haben Sie nie über die Spielplatzbekannte gelästert, die anscheinend lieber aufs iPhone als auf das kletternde Kind schaut? Nie die Augen wegen der Nachbarin verdreht, die abends noch Pastinaken püriert, statt die Füße hochzulegen und das Kleine am nächsten Tag mit Drogerieware zu füttern? Warum fällt es so schwer, andere Eltern leben und erziehen zu lassen, wie diese es für richtig halten?
Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
Vielen Dank und viele Grüße,
Sabrina Ebitsch, Team Die Recherche