Kämpfe im Sudan:Bundeswehr muss Rettungsmission abbrechen

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Drei Transportflugzeuge vom Typ "A400M" waren bereits im Einsatz. Hier eine Maschine am Fliegerhorst Hohn in Schleswig-Holstein. (Foto: Sven Eckelkamp/imago images)

Seit Tagen toben erbitterte Kämpfe im Sudan, die Bundeswehr wollte eine Evakuierungsaktion für deutsche Staatsbürger starten. Die musste abgebrochen werden, da die Lage so unsicher ist.

Von Georg Ismar und Paul-Anton Krüger, Berlin

Eine Rettungsmission der Bundeswehr für deutsche Staatsbürger aus dem Sudan ist nach Informationen der Süddeutschen Zeitung abgebrochen worden. Drei Militärtransporter vom Typ A400M waren in Deutschland gestartet, um im Zuge einer Evakuierungsoperation deutsche Staatsbürger auszufliegen, die sich derzeit in dem von heftigen Kämpfen erschütterten afrikanischen Land aufhalten. Nach einem Tankstopp in Athen wurde die Operation aber aus Sicherheitsgründen abgebrochen, die Maschinen wurden an ihren Standort Wunstorf in Niedersachsen zurückbeordert. Etwa 150 Deutsche hatten sich vor Ausbruch der Kämpfe beim Auswärtigen Amt in der Krisenvorsorgeliste registriert, die Zahl steigt seitdem aber.

In der Hauptstadt Khartum kam es am Mittwoch weiter zu Luftangriffen und Artilleriegefechten, nachdem eine von den USA vermittelte 24-stündige Waffenruhe nicht gehalten hatte. Sie hätte am Dienstagabend um 18 Uhr Ortszeit in Kraft treten sollen, die Gefechte dauerten aber bis in die Nacht an. Am Morgen wurden nach einem kurzen Abflauen neue heftige Kämpfe aus dem Gebiet um das Verteidigungsministerium und den angrenzenden Flughafen gemeldet sowie auch um das Gebäude des Staatsfernsehens in Omdurman am gegenüberliegenden Ufer des Nils. Auch aus anderen Städten und Landesteilen wurden teils schwere Kämpfe gemeldet.

Bei den Kämpfen sollen nach Angaben des sudanesischen Gesundheitsministeriums vom Mittwochmorgen 270 Menschen getötet und 2600 verletzt worden sein. Die Opferzahlen dürften aber deutlich höher liegen; wegen der Kämpfe konnten Tote und Verletzte zum Teil nicht geborgen werden. Auch ein Mitarbeiter der Europäischen Kommission wurde angeschossen, der Leiter des Büros der Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz in Khartum. Angaben zu den Umständen und zur Schwere der Verletzung machte die EU-Kommission aus Sicherheitsgründen nicht.

Im Sudan ringen seit Samstag die beiden mächtigsten Generäle des Landes und ihre Einheiten mit Waffengewalt um die Vorherrschaft. Die zwei Männer führen das gold- und ölreiche Land mit etwa 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup 2021. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der Rapid Support Forces (RSF), einer paramilitärischen Einheit.

Viele Zivilisten sind seit Beginn der Gefechte in ihren Wohnungen und Häusern gefangen, oft ohne Strom und ohne Möglichkeit, Essen, Wasser oder Medikamente zu besorgen. Zudem gibt es Berichte über zunehmende Plünderungen. In der Hauptstadt Khartum sind die Brücken über den Nil gesperrt und unpassierbar. Diese Lage erschwert es auch, die über das Land verteilt lebenden deutschen Staatsbürger für eine mögliche Evakuierung zu sammeln.

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Ob und wann ein neuer Versuch unternommen werden kann, war zunächst unklar. Der Flughafen in Khartum kann wegen der Kämpfe derzeit kaum angeflogen werden, offenbar wurden Flugzeuge auf dem Vorfeld in Brand geschossen. Die Rollbahn war aber zumindest vor dem neuerlichen Aufflammen der Kämpfe noch so weit intakt, dass militärische Transportflugzeuge sie hätten nutzen können. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Mittwochabend, Deutschland wolle bei einem möglichen Rettungsflug auch Bürgern anderer Länder die Ausreise ermöglichen. "Wenn wir das machen, werden wir das nie nur auf uns selbst beziehen." Neben Deutschland hatte auch Japan geplant, seine Staatsangehörigen außer Landes zu bringen.

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