Streit um die Frauenquote:Merkel will Unionsfrauen beschwichtigen

Sie fordern eine gesetzliche Frauenquote und würden lieber Geld für den Kita-Ausbau als für das Betreuungsgeld ausgeben - die Gruppe der Unionsfrauen ist derzeit nicht sonderlich zufrieden mit der Politik ihrer Partei. Nun will sich die Kanzlerin höchstpersönlich mit den weiblichen Kritikern treffen. Die Unionsführung fürchtet, dass die Frauen in Sachen Quote sonst gemeinsame Sache mit der Opposition machen könnten.

Robert Roßmann, Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich am Donnerstag dieser Woche mit den Frauen der Unionsfraktion treffen, um deren Unmut über das Betreuungsgeld, den schleppenden Krippenausbau und die bisher ergebnislose Debatte um eine Frauenquote zu dämpfen. An dem Gespräch will nach Angaben ihres Hauses auch Familienministerin Kristina Schröder (CDU) teilnehmen. Am Freitag steht die erste Lesung des Gesetzentwurfs zum Betreuungsgeld im Bundestag an. Ohne die Stimmen der Frauen hätte die Koalition keine Mehrheit.

Bundeskanzlerin Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Frauen in ihrer Fraktion beschwichtigen.

(Foto: dapd)

Die Unionsführung befürchtet außerdem, dass sich die Frauen an einem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag für eine gesetzliche Frauenquote in den Aufsichtsräten beteiligen könnten. Der Koalitionsvertrag verpflichtet CDU, CSU und FDP dazu, im Bundestag gemeinsam abzustimmen. Die Beteiligung an einem Gruppenantrag würde deshalb einen weiteren Koalitionskonflikt auslösen, denn die FDP ist gegen jede Form der Quote.

Die Gruppe der Frauen lehnt die Einführung des Betreuungsgeldes seit Jahren ab. Deren Vorsitzende Rita Pawelski hatte vorsorglich schon im April 2010 ein Meinungsbild in der Gruppe erstellen lassen. Dabei hatten sich 30 der 47 Mitglieder gegen die jetzt vorgesehene Barauszahlung ausgesprochen. Trotzdem hatte der Koalitionsausschuss im November 2011 die Einführung des Betreuungsgeldes in dieser Form beschlossen, sie ist jetzt auch im Gesetzentwurf vorgesehen. Die Frauen fühlen sich deshalb mit ihren Argumenten nicht ernst genommen. Am 24. Mai hatte sich Merkel bereits allein mit Pawelski getroffen.

Die Quote - eine Gewissensfrage?

Es wird erwartet, dass die Mehrheit der Unionsfrauen trotz ihrer Abneigung gegen das Betreuungsgeld bei der für Ende Juni geplanten Verabschiedung nicht gegen das Gesetz stimmen wird, um den Bestand der Koalition nicht zu gefährden. Einige Mitglieder der Gruppe haben intern aber bereits erklärt, sie wollten der Abstimmung fernbleiben oder sich enthalten. Eine Ja-Stimme wäre mit ihrem Gewissen nicht vereinbar.

Zur Quote liegt dem Bundestag bisher nur ein Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vor. Er sieht eine Frauenquote von 40 Prozent in den Aufsichtsräten und Vorständen börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen vor. Die Grünen haben bisher noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt, weil sie die Chance auf einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag nicht gefährden wollen. Seit mehreren Monaten trifft sich Pawelski regelmäßig mit der Vorsitzenden des Familienausschusses, Sibylle Laurischk (FDP), der stellvertretenden CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär, der Grünen Ekin Deligöz und anderen, um die Chancen für eine Zusammenarbeit auszuloten. Das bislang letzte Treffen fand am 23. Mai statt.

Während Merkel und Schröder eine freiwillige Flexi-Quote bevorzugen, will Pawelski eine starre gesetzliche Quote. Die Unionsfrauen könnten die Einführung einer solchen Quote nach der Sommerpause in ihrer Fraktion zur Gewissensfrage erklären, um sie dann per Gruppenantrag zusammen mit der Opposition durchzusetzen. Auf diese Weise wurde 1997 die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe beschlossen.

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