Streit mit Pakistan:USA dürfen Bin Ladens Witwen verhören

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Wer versteckte Osama bin Laden? Die USA erhöhen den Druck auf Pakistan, bei der Aufklärung zu helfen. Offenbar mit Erfolg: Amerikanische Terrorfahnder dürfen Medienberichten zufolge die drei Witwen des Terroristen vernehmen. Die jüngste der Frauen hat bereits Einblicke in das Leben mit Bin Laden gegeben.

Pakistan will den USA offenbar erlauben, die drei Witwen des getöteten Al-Qaida-Chefs Osama bin Laden zu verhören. Das berichten die amerikanischen TV-Sender CBS und CNN unter Berufung auf US-Beamte. Terrorfahnder dürften die Frauen persönlich vernehmen, hieß es. "Die USA erwarten, dass bald eine Erlaubnis erteilt wird", sagte ein US-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP.

Szene aus einem sichergestellten Propaganda-Video von Osama bin Laden: Die drei Witwen des Terroristen sind im Visier amerikanischer Fahnder. (Foto: dapd)

Pakistan hingegen lässt die Berichte dementieren: Es liege kein offizieller Antrag vor, Zugang zu Bin Ladens Witwen zu erhalten, sagte Außen-Staatssekretär Salman Bashir in Islamabad. "Wir werden das Thema erwägen, wenn sie einen formalen Antrag stellen."

Der pakistanische Geheimdienst ISI hatte zuvor verlauten lassen, die Witwen ohne vorherige Befragung durch die USA in ihre Heimatländer abzuschieben. Sie sollen seit 2005 mit dem Gründer des Terrornetzwerk al-Qaida in seinem Versteck in der pakistanischen Stadt Abbottabad zusammengelebt haben. Die USA erhoffen sich von ihnen Informationen darüber, wie Bin Laden so lange unerkannt bleiben konnte und ob er Helfer hatte.

Zwei der Frauen stammten aus Saudi-Arabien, die dritte aus dem Jemen, berichtete der Sender CNN weiter unter Berufung auf US-Quellen. Sie waren während der Erstürmung von Bin Ladens Anwesen vor einer Woche festgenommen worden und befinden sich offenbar in Gewahrsam des pakistanischen Militärs.

Pakistanischen Medien zufolge wurde die jüngste der drei Witwen, Amal Ahmed Abdulfattah, bereits vom pakistanischen Geheimdienst ISI verhört. Bei der 29-Jährigen soll es sich um jene Frau handeln, die nach US-Angaben bei dem Feuergefecht in Bin Ladens Schlafzimmer angeschossen wurde. Den Berichten zufolge wird sie wegen einer Schussverletzung am Bein in einem pakistanischen Militärkrankenhaus behandelt.

US-Präsident Barack Obama hatte am Sonntagabend seine Einschätzung wiederholt, wonach Bin Laden Hilfe von einem "Unterstützernetzwerk" in Pakistan gehabt habe. Das Haus in dem pakistanischen Ort Abbottabad sei nach bisherigen Kenntnissen eigens zu dem Zweck gebaut und abgesichert worden, um Bin Laden dort zu verstecken.

Unklar sei, ob Bin Ladens Helfer aus dem Kreis der pakistanischen Regierung stammten. "Das ist etwas, was wir untersuchen müssen, und noch wichtiger: was die pakistanische Regierung untersuchen muss", sagte Obama. Islamabad habe signalisiert, an der Aufklärung ein starkes Interesse zu haben.

Pakistans Premierminister Jusuf Raza Gilani räumte am Montag Fehler ein. Die Sicherheitsbehörden seines Landes hätten es nicht vermocht, den Aufenthaltsort Bin Ladens in der Garnisonsstadt Abbottabad ausfindig zu machen, sagte er. "Aber das ist nicht nur unser eigenes Versagen, sondern das Versagen aller Geheimdienste dieser Welt."

Gilani wies Spekulationen über eine mögliche Verwicklung des pakistanischen Geheimdienstes ISI oder anderer Stellen zurück. ISI und Armeeführung hätten das volle Vertrauen und die Unterstützung der Regierung, sagte der Premier. Zudem habe der Kampf gegen den Terrorismus "nationale Priorität".

Vor dem Parlament kritisierte der Premier, dass die US-Aktion ohne Rücksprache mit den Pakistanern abgelaufen sei. Damit hätten die USA die staatliche Souveränität seines Landes verletzt. Gleichzeitig warnte er vor weiteren Alleingängen dieser Art. Sollten strategisch wichtige Einrichtungen - wie etwa die Atomanlagen - ins Visier geraten, habe Pakistan das Recht, "mit aller Macht zurückzuschlagen". "Niemand sollte die Entschlossenheit und die Fähigkeiten der Nation und der Streitkräfte unterschätzen, unsere Heimat zu verteidigen", so Gilani.

Die USA hatten Pakistan vorab nicht von dem Einsatz informiert, bei dem eine Spezialeinheit der Navy Seals das Anwesen Bin Ladens in Abbottabad stürmte und den Terroristen tötete. Einem Bericht der New York Times zufolge wäre das Spezialkommando in der Lage gewesen, sich notfalls den Weg aus Pakistan freikämpfen zu können.

Unter Berufung auf hohe Regierungsbeamte und Militärs berichtete die Zeitung, die Spezialeinheit habe jede Konfrontation mit pakistanischen Sicherheitskräften vermeiden sollen. Bei einem Angriff der Pakistaner hätten sie jedoch die Erlaubnis gehabt, zurückzuschießen.

© sueddeutsche.de/dpa/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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