Bundesverfassungsgericht zu Sterbehilfe:Wer beim Sterben helfen darf

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Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über mehrere Klagen zum Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe. (Foto: dpa)
  • Das Bundesverfassungsgericht hält offenbar eine vorsichtige Liberalisierung der Sterbehilfe für denkbar.
  • Darauf deuten Bemerkungen der acht Richter während der zweitägigen Anhörung zum Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe hin.
  • Mehrere Ärzte, Sterbehilfevereine sowie schwer kranke Patienten haben gegen den seit 2015 geltenden Paragrafen 217 des Strafgesetzbuches Verfassungsbeschwerde eingelegt. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht steht möglicherweise vor einer vorsichtigen Liberalisierung der Sterbehilfe. Das legen jedenfalls zahlreiche Bemerkungen der acht Richterinnen und Richter während der zweitägigen Anhörung zum Verbot der "geschäftsmäßigen" Suizidbeihilfe nahe. Präsident Andreas Voßkuhle warf die Frage auf, an wen sich eigentlich jene kleine Gruppe von Menschen wenden könne, die frei verantwortlich aus dem Leben scheiden wolle - und eben nicht die Hilfe von Hospizen oder Palliativmedizin in Anspruch nehmen wolle.

Auch sein Kollege Johannes Masing wollte wissen, wie mit Menschen umzugehen sei, die nicht die Kraft für eine leidvolle Behandlung bis zum Tod aufbringen wollten. Das Gesetz verbiete aber professionelle Hilfe zum Suizid: "Muss man das also aushalten?" Verfassungsrichter Peter Huber erinnerte daran, dass nicht der Arzt im Zentrum der Aufmerksamkeit des Gerichts stehe, sondern der Patient - und die Frage, wie weit seine Selbstbestimmung reiche. Wie würden Ärzte auf seinen Suizidwunsch reagieren, "wenn derjenige nun einen grundrechtlichen Anspruch hat?"

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Die provokative Frage nach dem "Facharzt für Sterbebegleitung"

Sibylle Kessal-Wulf, die Berichterstatterin des Senats in dem Verfahren, hatte schon am ersten Tag provokativ die Frage nach einem "Facharzt für Sterbebegleitung" aufgeworfen. Auch ihre Kollegin Christine Langenfeld erkundigte sich danach, wie eine ärztliche Hilfe zum Suizid in der Praxis ausgestaltet sein müsste - etwa, ob dazu zunächst ein Beratungsgremium eingeschaltet werden müsste. Dies hatte Pedram Emami ins Spiel gebracht, der Präsident der Hamburger Ärztekammer.

Mehrere Ärzte, Sterbehilfevereine sowie schwer kranke Patienten haben gegen den seit 2015 geltenden Paragrafen 217 des Strafgesetzbuches Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Skepsis auf der Richterbank galt weniger dem Umstand, dass dadurch Sterbehilfevereinen das Handwerk gelegt werden soll, sondern eher der drohenden Strafbarkeit für Ärzte, die Patienten auf deren ausdrücklichen und freien Wunsch todbringende Medikamente verschreiben möchten. Weil der Begriff "geschäftsmäßig" auch wiederholte Handlungen umfasst, entsteht eine Unsicherheit, die es suizidwilligen Patienten nahezu unmöglich macht, dazu die Hilfe eines Arztes in Anspruch zu nehmen.

Winfried Hardinghaus vom Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verband warb zwar dafür, auf medizinische Möglichkeiten zu setzen. Eine Dämpfung von Schmerzen ermögliche ein würdevolleres Sterben als eine Suizidbeihilfe. Gerhild Becker vom Freiburger Uniklinikum erinnerte daran, dass eine solche lindernde Behandlung - anders als vielfach angenommen - keineswegs zu einer Verkürzung des Lebens führe. Aber den Richtern lag ersichtlich daran zu klären, ob damit wirklich alle Optionen für ein selbstbestimmtes Sterben abgedeckt sind - auch für jene, die Hospiz und Palliativmedizin ablehnen. "Mir geht es um den hilflosen Patienten, der von seiner Autonomie Gebrauch macht", sagte Huber. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

© SZ vom 18.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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