Doha (dpa) - Unter der Wüstensonne Katars funkelt der Sportpalast von Lusail. Die nagelneue Final-Arena für die Handball-WM spiegelt mit ihrem geschwungenen Glasdach das Streben des Emirats in die Rolle einer Sport-Großmacht.
Geld ist dabei nur Mittel zum Zweck, das zeigt die luxuriöse Multifunktionshalle für 15 300 Zuschauer in der Reißbrett-Stadt Lusail im Nordosten von Doha. „Katar will die Messlatte für alles höher legen, was wir organisieren“, sagte Saoud Bin Abdulrahman Al-Thani, Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees.
Die Titelkämpfe der Handballer, an denen das deutsche Team nur dank einer umstrittenen Wildcard teilnehmen darf, sind Teil einer ganzen Serie von Weltmeisterschaften, die Katar in seinem Portfolio sammelt. Erst im Dezember ermittelten die Schwimmer ihre Champions auf der Kurzbahn in Doha. Amateur-Boxer, Radsportler, Turner, Leichtathleten und 2022 dann die Fußballer werden folgen. Tennisprofis, Golfer und die Motorrad-WM machen ohnehin jedes Jahr Station in Katar. Und nach dem gescheiterten Anlauf für 2020 ist auch die nächste Olympia-Bewerbung wohl nur eine Frage der Zeit.
Spitzensport-Events spielen eine zentrale Rolle in Katars „Vision 2030“, in der die wirtschaftliche, politische und kulturelle Entwicklung des Emirats umrissen ist. Mit den Milliarden aus dem Geschäft mit Öl und Gas, deren Vorräte wohl auch für die kommenden 200 Jahre noch reichen, will die sportbegeisterte Emir-Familie ihre Pläne umsetzen. „Bei der Entwicklung einer gesunden und einigen Gesellschaft ist die Ausrichtung von Weltklasse-Sportereignissen ein kraftvolles Instrument“, erklärte NOK-Funktionär Al-Thani.
Die wachsende Kritik an der Sportpolitik des Wüstenstaats, der nur halb so groß wie Hessen ist und weniger Einwohner als Hamburg hat, zeigt bislang nur bedingt Wirkung. Erst jüngst beschwerten sich die geschlagenen Mitwerber im Rennen um die Leichtathletik-WM über die aggressive Akquise aus Doha, weil dem Weltverband der Zuschlag mit einem 30-Millionen-Euro-Paket versüßt worden war. Wegen möglicher Korruption bei der Vergabe der Fußball-WM 2022 tost seit Monaten ein Skandal beim Weltverband FIFA.
Heftig sind auch die Klagen von Menschenrechtlern, Politikern und Gewerkschaftern über die Behandlung der vielen Tausend Gastarbeiter auf den großen Baustellen in Katar. Der Emir sicherte zwar deutliche Verbesserungen beim Arbeitsschutz zu, seine Kritiker aber zweifeln an den Reformen. Als DFB-Präsident Wolfgang Niersbach jüngst Kontrollen einer unabhängigen Institution auf den WM-Baustellen anregte, kassierte er einen Rüffel von Katars Botschafter.
Bei den Bossen des FC Bayern, der in diesen Tagen erneut sein Winter-Trainingslager in der glitzernden „Aspire“-Sportstadt von Doha absolviert, ist es nicht das Lieblingsthema. „Natürlich lesen wir auch, dass da gewisse Dinge passieren, die uns in Deutschland allen nicht gefallen. Das ist eine Aufgabe der Politik und nicht des Sports, nicht des Fußballs“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.
Die perfekten Trainingsbedingungen in dem 290 000 Quadratmeter großen High-Tech-Sportzentrum und der Wunsch eines Sponsors überwogen beim deutschen Rekordmeister anscheinend die öffentlichen Bedenken gegen den Symbolcharakter einer Reise nach Katar. Auch Bundesliga-Rivale FC Schalke 04 residiert in der 2004 für 760 Millionen Dollar errichteten „Aspire Zone“. Chefcoach Roberto Di Matteo bescheinigte Katar das Potenzial, ein Sportstaat der Zukunft werden zu können.
Deutlich ausbaufähig allerdings ist noch das Zuschauerinteresse bei so mancher Sportveranstaltung in Katar. In der heimischen Fußballliga verlieren sich oft nur ein paar Hundert Besucher am Spielfeldrand. Mit Testspielen, wie dem der Katar Stars gegen den FC Bayern, will sich auch die Liga promoten. „Ich denke, das wird eine gute Gelegenheit zu sehen, was der Fußball in Katar zu bieten hat“, sagte Mansoor Al-Ansari, Direktor des Nationalteams. „Dass ein Topclub wie Bayern München kommt, ist sehr wichtig.“
In anderen Sportarten fehlen Zugpferde wie der Rekordmeister. Als jüngst bei den Katar Open der Beachvolleyballer wieder leere Ränge drohten, öffneten die Organisatoren flugs die Geldbörse und bezahlten 150 Gastarbeiter für ihren Tribünenbesuch.
Bisherige Sport-Großereignisse in Katar:
1988: Asien-Meisterschaften Fußball
2004: Weltmeisterschaften Tischtennis
2005: Asien-Meisterschaften Basketball
2005: Weltmeisterschaften Gewichtheben
2006: Asienspiele
2010: Hallen-Weltmeisterschaften Leichtathletik
2011: Asien-Meisterschaften Fußball
2012: Weltmeisterschaft Squash
2014: Weltmeisterschaft 9-Ball-Poolbillard
2014: Weltmeisterschaft Squash
2014: Weltmeisterschaften Schwimmen (Kurzbahn)
Künftige Sport-Großereignisse:
Januar 2015: Weltmeisterschaft Handball (Männer)
Oktober 2015: Weltmeisterschaften Boxen (Amateure)
Oktober 2015: Paralympische Weltmeisterschaften Leichtathletik
September 2016: Weltmeisterschaften Straßen-Radsport
2018: Weltmeisterschaften Turnen
2019: Weltmeisterschaften Leichtathletik
2022: Weltmeisterschaft Fußball
Jährliche Veranstaltungen:
Tennis: ATP-Turnier und WTA-Turnier
Leichtathletik: Diamond League
Golf: Turnier der European Tour
Motorsport: Lauf zur Motorrad-WM