Österreich:Die Wahl ist vorbei, der Streit dürfte weitergehen

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Hielt er schon eine Kanzlerrede? Hans Peter Doskozil, der neue Vorsitzende der Sozialistischen Partei Österreich, lässt sich von seinem Herausforderer Andreas Babler beglückwünschen. (Foto: IMAGO/photonews.at)

Hans Peter Doskozil ist neuer Vorsitzender der SPÖ. Das Ergebnis ist knapp, eine Spaltung der zerstrittenen Partei ist damit noch nicht vom Tisch. Seiner Partei gibt er ein Versprechen, das die politische Kultur in Österreich ändern könnte.

Von Cathrin Kahlweit, Linz

Zum Auftakt des Parteitags der österreichischen Sozialdemokratie in Linz hatte die Moderatorin noch gesagt, sie habe eine Aufgabe, um die sie viele Genossinnen und Genossen wohl eher nicht beneideten: eine Veranstaltung zu moderieren, die im Vorfeld für extrem viel Streit und böses Blut gesorgt hatte. Sie bat besorgt um einen respektvollen Umgang.

Doch am Ende des Tages war die Stimmung, allen Befürchtungen zum Trotz, überraschend friedlich. Hans Peter Doskozil, Landeshauptmann im Burgenland, wurde mit 53 Prozent zum neuen Parteichef gewählt; sein Herausforderer Andreas Babler, Bürgermeister der Kleinstadt Traiskirchen in Niederösterreich, schaffte immerhin knapp 47 Prozent - ein überraschend knappes Ergebnis. Ob das alle Gerüchte um eine Parteispaltung zum Erliegen bringt und den internen Machtkampf, der in der SPÖ seit Monaten, wenn nicht Jahren tobt, beendet, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen. Es ist nicht sicher, dass Babler, der - vor dem Führungsstreit in der Partei weitgehend unbekannt - zuletzt von einer Welle der Euphorie in Teilen der Partei getragen war, sich wieder auf sein Bürgermeisteramt zurückzieht.

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Die bisherige Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner zumindest war vor dem Parteitag nicht nur vom Vorsitz der SPÖ zurückgetreten, sondern hatte sich ganz aus der Politik zurückgezogen. Sie hatte in der Urwahl vor wenigen Wochen am schlechtesten abgeschnitten und verabschiedete sich in einer letzten Rede im Parlament mit dem Verweis darauf, dass "ein neues Verständnis von politischer Führungsstärke" brauche, das sich "nicht nur in der Bewunderung männlicher Machtrituale erschöpft".

Doskozil verspricht: Koalitionen mit FPÖ und ÖVP werde es nicht geben

Der Zweikampf zwischen den beiden verbliebenen Bewerbern um die SPÖ-Führung, der sich - nach einem erbitterten Streit über Abläufe, Statuten und eine Mitgliederbefragung ohne Stichwahl - jetzt auf dem Sonderparteitag in Oberösterreich entschied, soll endlich Ruhe in die Sozialdemokratie bringen. Doskozil, der in der Sozialpolitik links, in der Migrationspolitik rechts steht, hatte eine pragmatische, eher staatstragende Rede gehalten, die von österreichischen Medien als seine "erste Kanzler-Rede" gewertet wurde; schließlich soll der neue Vorsitzende auch Spitzenkandidat in den nächsten Wahlen werden. Klima- und Asylpolitik kamen bei dem Burgenländer nicht vor.

Babler hatte die Delegierten mit einer lautstarken, feurigen Rede mitgerissen, in der er einen neuen Aufbruch, eine neue Leidenschaft für die Sozialdemokratie forderte. die SPÖ müsse sich für Arbeitsmigration stark machen und nicht nur Hochqualifizierte ins Land holen; die ökologische Katastrophe sei auch eine Verteilungsfrage, bei der die sozial Schwächsten nicht den höchsten Preis zahlen dürften.

Doskozil gab zum Schluss ein Versprechen, das den politischen Diskurs im Land verschieben könnte: Mit ihm werde es, sollte die Sozialdemokratie aus den nächsten Wahlen als stärkste Kraft hervorgehen, keine Koalition mit der rechtspopulistischen, in Teilen rechtsextremen FPÖ - und auch keine Koalition mit der ÖVP geben. Bis zu einer österreichischen Ampel aus SPÖ, Neos und Grünen, wie sie dem neuen SPÖ-Chef vorschwebt, ist es allerdings ein weiter Weg. Derzeit liegt in Umfragen die FPÖ mit etwa 28 Prozent weit vorn; Konservative und Sozialdemokraten liegen, etwa gleichauf, bei 23 Prozent.

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