Österreich:Kopf gegen Seele

Österreich: Es kann nur einen geben: Hans Peter Doskozil (links) und Andreas Babler wollen SPÖ-Chef werden.

Es kann nur einen geben: Hans Peter Doskozil (links) und Andreas Babler wollen SPÖ-Chef werden.

(Foto: Imago)

Monatelang hat die SPÖ in Österreich gestritten, an diesem Samstag wählt sie nun ihren neuen Chef. Vom Wesen und Unwesen von Parteitagen.

Von Cathrin Kahlweit

An diesem Samstag findet der Showdown, vulgo SPÖ-Parteitag, in Linz statt. Es geht um Hans Peter Doskozil gegen Andreas Babler, um Eisenstadt gegen Traiskirchen, um Max Lercher gegen Karl Marx, um den Kopf gegen die Seele der Partei. Es wird bitter werden, und böse, und es ist unwahrscheinlich, dass sich hinterher alle in den Armen liegen - wie auch, da sich die Widersacher und ihre Lager vorher heftig zwischen die Beine treten. Ich werde dabei sein. Als Beobachterin nur, zum Glück, und ich wüsste auch nicht, für wen ich als Parteichef stimmen würde, für den Dosko oder den Andi, wenn ich, horribile dictu, SPÖ-Mitglied wäre. Parteimitgliedschaften verbieten sich für Journalisten, und ich kann meinem Schicksal dafür gar nicht genug danken.

Bei der seelischen Vorbereitung auf das Event im hippen Designzentrum der oberösterreichischen Landeshauptstadt muss ich immer an den letzten Huldigungsparteitag der ÖVP denken, auf dem Sebastian Kurz Ende August 2021 mit 99,4 Prozent der Delegiertenstimmen wiedergewählt wurde. Bald darauf war er weg, wegen Korruptionsermittlungen erst zur Seite, dann zurückgetreten.

Ich weiß, sein Nachfolger Karl Nehammer toppte das im Mai 2022 sogar noch - mit surrealen 100 Prozent. Das mindert allerdings die Leistung von Kurz nur bedingt. Denn die ÖVP hatte nach dessen Abgang solche Angst vor ihrem eigenen Schatten, dass Wolfgang Sobotka, wäre er angetreten, wahrscheinlich sogar 101 Prozent der Delegiertenstimmen bekommen hätte.

So harmonisch wie bei Kurz vor zwei Jahren wird es nie, nie, nie wieder sein: diese Begeisterung, diese Liebe, dieses Meer von Türkis, Frauen mit türkisen Handtaschen, Mädchen mit türkisen Halstüchern, Männer mit türkisen Schlipsen. Mittendrin der Parteichef mit seiner schwangeren Freundin, der, ganz Mensch, mit der Menge seine ehrlichen Zweifel teilte: Nicht nur die Pandemie sei herausfordernd gewesen, nein, sondern auch Attacken der anderen Parteien hätten ihn sehr belastet. Es habe Tage gegeben, an denen er sich gefragt habe, ob er in der Position noch richtig sei. Doch er sei durch diese Erfahrungen stärker aus der Krise hervorgegangen und "noch entschlossener". "Mit mir könnt ihr rechnen", rief Kurz dem dankbaren Volk zu.

Da ging ein Beben durch die Menge, das nur vergleichbar war mit jenem Beben, das durch die Wiener Stadthalle ging, als ein christlicher Prediger 2019 bei "Awakening Austria" für eine segensreiche Führung durch Sebastian Kurz betete: "Vater, wir danken dir so sehr. Für die Weisheit, die du ihm gegeben hast. Für das Herz, das du ihm gegeben hast für dein Volk."

Man stelle sich das in Linz vor: ein Gebet für den Andi, eine Segnung für den Dosko. Und dann ewiger Frieden in der SPÖ. Wäre das schön.

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