Spion in Finanzbehörde:SPD empört über Steuer-Spitzeleien der Schweiz

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SPD-Chef Martin Schulz bezeichnet das Vorgehen der Schweiz als "gravierenden Vorgang". (Foto: dpa)
  • Parteichef Martin Schulz fordert "ernsthafte Gespräche" mit der Schweiz, nachdem enthüllt wurde, dass ein Schweizer Spion Steuerverwaltungen in Nordrhein-Westfalen ausgespäht haben könnte.
  • Der Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann spricht sogar von einem "Skandal".
  • Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will den Fall dagegen nicht kommentieren.

Von Christoph Hickmann und Robert Roßmann, Berlin

Die SPD erhebt wegen der neuen Enthüllungen in der Steuerdaten-Affäre schwere Vorwürfe gegen die Schweiz. SPD-Chef Martin Schulz sagte der Süddeutschen Zeitung: "Wenn es wirklich stimmt, dass der Schweizer Geheimdienst einen Spion auf die Steuerverwaltung in Nordrhein-Westfalen angesetzt hat, ist das ein gravierender Vorgang." Man müsse jetzt "sehr ernsthafte Gespräche mit der Schweiz" führen. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sprach sogar von einem "doppelten Skandal". Zum einen verletze "der Schweizer Geheimdienst die deutsche Souveränität". Zum anderen sei es "offenbar das Ziel gewesen, die Steuerfahndung in Nordrhein-Westfalen zu torpedieren, die sich seit Jahren daran macht, die großen Steuerbetrüger in Deutschland aufzuspüren". Die Schweiz solle "besser den Kampf gegen Steuerbetrug unterstützen, statt die Arbeit der Steuerfahnder zu behindern". Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollte den Fall nicht kommentieren.

Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR hat der Schweizer Nachrichtendienst NDB einen Informanten in der Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen platziert. Das ergibt sich aus dem Haftbefehl gegen den am vergangenen Freitag in Frankfurt verhafteten Schweizer Agenten Daniel M. Demnach sollte der Spitzel "unmittelbare Informationen" darüber beschaffen, wie deutsche Behörden beim Ankauf sogenannter Steuer-CDs aus der Schweiz vorgehen.

Offenbar wissen die deutschen Ermittler aber noch nicht, wer der Spitzel war. Für die Operation soll der Schweizer Geheimdienst 90 000 Euro zugesagt haben, von denen mindestens 60 000 Euro auch gezahlt wurden. Der größte Teil des Geldes soll als "Motivationszahlungen" an bisher unbekannte Personen geflossen seien, die an der Spionage-Operation beteiligt gewesen waren.

Gabriel telefoniert mit Schweizer Außenminister

Daniel M. war am Freitag in einem Frankfurter Hotel festgenommen worden; den Haftbefehl hatte der Bundesgerichtshof bereits im Dezember 2016 erlassen. Dem Mann wird vorgeworfen, seit Anfang 2012 für den Geheimdienst einer fremden Macht tätig gewesen zu sein.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es am Donnerstag, Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) habe am Mittwoch mit seinem Schweizer Amtskollegen telefoniert. Dabei habe er "mit ihm unter anderem über den Fall des wegen Spionageverdachts festgenommenen Schweizers gesprochen".

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft sprach von einem unglaublichen Vorgang. Er verurteile den Spionagefall "auf das Schärfste, das geht natürlich überhaupt nicht", sagte deren Vorsitzender Thomas Eigenthaler. Derartiges mache "man einfach nicht unter benachbarten Staaten".

Die Behörden in Nordrhein-Westfalen haben seit dem Jahr 2010 für insgesamt 19 Millionen Euro Steuer-CDs mit Datensätzen mutmaßlicher Steuerhinterzieher gekauft. Die so erlangten Informationen führten zu Steuer- und Strafzahlungen in Höhe von insgesamt 6,3 Milliarden Euro.

© SZ vom 05.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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