Vorsitz:Walter-Borjans will nicht mehr als SPD-Chef kandidieren

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Er sei 2019 angetreten, um die Partei auf Kurs zu bringen. "Jetzt sollen mal Jüngere ran." Als möglicher Nachfolger gilt Generalsekretär Klingbeil. Kanzlerkandidat Scholz verzichtet.

Von Philipp Saul

Norbert Walter-Borjans will nicht mehr als SPD-Chef kandidieren. Das sagte er der Rheinischen Post. "Für mich war mit dem Vorsitz von vornherein keine weitere Karriereplanung verbunden, sondern das Ziel, die Partei auf Kurs zu bringen", sagt der 69-Jährige. "Mit dieser Mission bin ich so weit gekommen, dass ich sagen kann: Jetzt sollen mal Jüngere ran."

Eine Sprecherin der SPD bestätigte, dass Walter-Borjans beim Parteitag im Dezember nicht erneut antreten werde. Er bildet seit 2019 ein Führungsduo mit Saskia Esken. Die Co-Parteivorsitzende will wieder kandidieren. Auf Twitter dankte sie ihm für die gemeinsame Zeit. "Die SPD ist wieder da und sie ist stark." Er gehe mit dem "gutem Gefühl, zwei Jahre die SPD mitgeprägt zu haben", sagte Walter-Borjans. Es komme "nicht so oft vor, dass Parteivorsitzende es selbst in der Hand haben, ihr Amtsende zu bestimmen - noch dazu in Zeiten des Erfolgs".

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Einen solchen Chef hatte die SPD noch nicht. Er will nicht in den Bundestag, nicht in die Regierung. Er will nur ernst genommen werden. Für seine Partei ist das gut. Und für ihn?

Von Mike Szymanski

Esken und Walter-Borjans hatten sich 2019 bei 23 Regionalkonferenzen der Basis präsentiert und sich bei einem Mitgliedervotum gegen mehrere andere Kandidatenteams durchgesetzt, wobei sie vor allem auf die Unterstützung von Parteilinken wie den Jusos und Skeptikern der großen Koalition zählen konnten. Walter-Borjans galt als der prominentere Teil des Kandidatenteams. Er hatte früher als Finanzminister von Nordrhein-Westfalen durch den Ankauf von Steuer-CDs bundesweite Bekanntheit erlangt. Als Vorsitzende stand dann aber Esken deutlich mehr in der Öffentlichkeit.

Klingbeil könnte gute Chancen haben

Zu den unterlegenen Bewerbern im Rennen um die Parteispitze zählte damals auch Vizekanzler Olaf Scholz, den die Partei in diesem Jahr als Kanzlerkandidaten in die Bundestagswahl schickte. Entgegen des über Jahre anhaltenden Umfragetiefs steigerte sich die SPD deutlich und ging als stärkste Kraft aus der Wahl hervor. Derzeit verhandeln die Sozialdemokraten mit Grünen und FDP über die Bildung einer Ampelkoalition. Walter-Borjans und Esken gehören zum Führungsteam der SPD in den Gesprächen.

Esken schrieb, man werde den Weg in den Koalitionsverhandlungen gemeinsam "zu einem guten Erfolg führen". Auch Scholz bedankte sich per Twitter für "die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Unterstützung in den letzten beiden Jahren". Der Erfolg der SPD sei auch das Verdienst von Walter-Borjans.

Als möglicher Kandidat für die Nachfolge gilt Lars Klingbeil. Der SPD-Generalsekretär gehört mit 43 Jahren zur jüngeren Generation in der Parteispitze und dürfte nach dem erfolgreichen Wahlkampf, den er verantwortet hat, gute Chancen auf den Vorsitz haben. Dagegen will sich Scholz nach SZ-Informationen nicht als Parteichef bewerben, sondern sich auf seine Aufgaben als Kanzler konzentrieren, sollte es zu einer Ampelkoalition kommen.

Walter-Borjans für Trennung von SPD-Spitze und Ministeramt

Der scheidende SPD-Chef Walter-Borjans äußerte sich nicht zu einem Wunschnachfolger, sprach sich aber dagegen aus, dass die Parteiführung im Kabinett Ministerämter übernimmt. "Ein Regierungsmitglied als Parteichefin oder Parteichef ist notwendigerweise immer ein Stück Regierungssprecher", sagte Walter-Borjans. Die bisherige Arbeitsteilung zwischen Parteivorsitz und Regierungsamt habe sich bewährt.

Scholz hat eine Beteiligung der Parteispitze im Kabinett bislang nicht abgelehnt. In einem Spiegel-Interview einige Wochen vor der Wahl sagte er: "In der SPD sind viele ministrabel, die Führungsaufgaben in der Fraktion oder der Partei wahrnehmen." Dazu gehörten "die Vorsitzenden selbstverständlich auch".

Walter-Borjans hatte schon vor Monaten klargemacht, dass er weder in den Bundestag einziehen wolle noch ein Ministeramt anstrebe. Im Wahlkampf ordnete er sich klar hinter Kanzlerkandidat Scholz ein. Als Parteivorsitzender versuchte er die Partei intern zusammenzuführen, die SPD-Spitze fiel kaum noch durch öffentlichen Streit auf. Ganz im Gegensatz zu früheren Zeiten, als das Klima in der Parteiführung jahrelang als toxisch galt.

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