Sondierungsgespräche:Seehofer zeigt Verständnis für die SPD

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Der CSU-Chef nennt den Streit unter den Sozialdemokraten normal. Fraktionschefin Nahles wirft den parteiinternen Kritikern jedoch "mutwilliges Schlechtreden" vor. Der Berliner SPD-Vorstand lehnt eine Koalition trotzdem ab.

Von Robert Roßmann und Wolfgang Wittl, Berlin/München

CSU-Chef Horst Seehofer hat sich in der Debatte um das Sondierungsergebnis um versöhnliche Töne gegenüber der SPD bemüht. Seehofer sagte am Montag, er sei zwar nicht der Anwalt der Sozialdemokraten. Um die Probleme zu verstehen, die die SPD jetzt bei ihrem Gang in eine große Koalition habe, müsse man "den Weg der SPD seit der Bundestagswahl nachvollziehen, die Partei ist aufgewühlt". Als langjähriger Politiker wisse er aber, "dass solche Prozesse in einer so gebeutelten Partei normal sind". Er betrachte die Diskussion in der SPD "mit Respekt". Und er wünsche SPD-Chef Martin Schulz, dass er "letzten Endes" auf seinem Parteitag die nötige Zustimmung für Koalitionsverhandlungen bekomme. In der CSU sei die Sache jedenfalls klar: "Wir wollen die große Koalition", sagte Seehofer.

Schulz hatte das Sondierungsergebnis am vergangenen Freitag als "hervorragend" bezeichnet. In der SPD gibt es trotzdem erheblichen Widerstand. Der Landesvorstand der Berliner SPD stimmte am Montagabend dafür, Koalitionsverhandlungen eine Absage zu erteilen. Mehrere stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende forderten Nachbesserungen am Sondierungsergebnis, obwohl sie diesem am Freitag zugestimmt hatten. In Sachsen-Anhalt hatte sich schon am Wochenende ein Landesparteitag gegen eine große Koalition ausgesprochen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte verlangt, Schulz müsse diesen "Zwergenaufstand" in den Griff bekommen, und damit erhebliche Kritik aus der SPD auf sich gezogen. Seehofer machte sich auf Nachfrage die "Zwergenaufstand"-Äußerung am Montag ausdrücklich nicht zu eigen, lehnte aber SPD-Forderungen nach Nachbesserungen ab.

Nach den Vorständen von CDU und SPD sprach sich am Montag auch der CSU-Vorstand für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen aus. Wenn am 21. Januar noch ein Parteitag der SPD zustimmt, können die Gespräche beginnen. Bisher ist allerdings unklar, ob es auf dem Parteitag eine Mehrheit für Verhandlungen geben wird.

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles beklagte den Widerstand in ihrer Partei gegen das Sondierungsergebnis. Sie kritisierte, dass einige "das Ergebnis mutwillig schlechtreden". Den Jusos warf sie vor, die in den Gesprächen mit der Union erzielten Erfolge etwa bei der Rente, der Bildungs- oder der Einwanderungspolitik zu ignorieren. "Das Urteil der Jusos, zumindest von vielen", habe schon vor der Sondierung festgestanden, sagte Nahles im Deutschlandfunk. Damit könne sie "nicht arbeiten". Vor allem Juso-Chef Kevin Kühnert versucht seit Wochen, eine Neuauflage der großen Koalition zu verhindern.

Auch Schulz verteidigte die Ergebnisse. Er lobte am Abend vor einem Treffen mit westfälischen Delegierten in Dortmund etwa die Abschaffung der Abgeltungssteuer, die Einführung der Grundrente und das Europakapitel. Besonders erfolgreich war er damit nicht. "Die skeptisch waren, sind skeptisch geblieben", sagte ein Delegierter. In Brandenburg dagegen stimmte der SPD-Landesvorstand mit neun zu zwei Stimmen für Verhandlungen.

© SZ vom 16.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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