Simone Lange:"Hätte mir gewünscht, dass man die SPD-Mitglieder mitnimmt"

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Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange will gegen Andrea Nahles antreten, um SPD-Chefin zu werden - und der Partei Glaubwürdigkeit zurückgeben.

Interview von Thomas Hahn, Hamburg

De SPD-Spitzengremien haben an diesem Dienstag den Parteivorsitz an Andrea Nahles übergeben, nachdem zuvor Martin Schulz seinen sofortigen Rücktritt erklärt hat. Nach den Personalturbulenzen der vergangenen Tage sollte es jetzt schnell gehen - eigentlich. Dann meldete sich eine, die beim Sonderpatreitag am 22. April als Gegenkandidatin von Nahles antreten möchte: Simone Lange, 41 Jahre alt und Oberbürgermeisterin von Flensburg.

SZ: Frau Lange, eigentlich stand für heute in Ihrem Terminplan, wie er auf der Homepage der Stadt Flensburg zu finden ist: Dienstbesprechung und Workshop "Strategische Investitionsplanung"...

Simone Lange: Der ist ein bisschen durcheinandergeworfen worden. Aber ich denke, das gehört zur Sache dazu.

Die ganze Republik ruft bei Ihnen an, nachdem Sie erklärt haben, für den SPD-Vorsitz kandidieren zu wollen. Warum tun Sie sich das an?

Ich bin seit 15 Jahren aktives Parteimitglied in ganz verschiedenen Funktionen, ich bin immer mit dem Herzen dabei gewesen. Wenn man dann erlebt, dass die SPD bei 16 Prozent steht, dazu die Performance sieht, die wir alle miteinander in den letzten Monaten hingelegt haben - dann muss man sich einfach hinterfragen: Will man nur Kritik üben? Oder auch selbst ein Angebot machen? Außerdem war es für mich schon schmerzlich zu erleben, dass das höchste Amt der SPD auf diese Art besetzt werden soll.

Nämlich schnell und kommisarisch durch Fraktionschefin Andrea Nahles.

Ich hätte mir gewünscht, dass man die SPD-Mitglieder mitnimmt. Dass man transparent ist. Dass man offen erklärt: Wie finden wir eine neue Parteispitze? Wann ruft man zu Kandidaturen auf? Wie können Kandidatinnen und Kandidaten sich vorstellen?

Es heißt, es geht in diesen Tagen vor allem um eine möglichst schnelle Regierungsbildung. Sehen Sie das anders?

Es geht um die Verantwortung für unser gesamtes Land, komplett richtig. Aber etwas anderes ist auch richtig: Auch wenn wir in eine große Koalition gehen und an einer Regierung beteiligt sind, haben wir gleichzeitig den Anspruch, unsere Partei zu erneuern. Deshalb frage ich, ob es nicht sinnvoller wäre, Amt und Mandat, Partei- und Fraktionsvorsitz zu trennen. Um die Aufgaben, die solche Ämter mit sich bringen, auf breitere Schultern zu stellen. Diese Diskussion ist in der SPD schlichtweg nicht möglich gewesen.

Personaldebatten lenken von den Themen der Regierungsbildung ab.

Die Personaldebatte wurde lange vor meiner Ankündigung eröffnet. Das hätte man vermeiden können. Man hätte sagen können, wir konzentrieren uns auf die Abstimmung über den Koalitionsvertrag und verlegen Personalfragen auf die Zeit nach der Mitgliederbefragung, um dann in einem transparenten Verfahren mit den Mitgliedern den richtigen Weg zu finden.

Können Sie das personelle Hin und Her in Berlin nachvollziehen? Dass zum Beispiel der bisherige Parteichef Martin Schulz zwischendurch Außenminister werden wollte?

Nein. Ich kann es auch nicht nachempfinden, deshalb will ich nicht spekulieren, welche Gründe dahinter stehen. Aber das zeigt schon, dass den Mitgliedern nicht wirklich klar sein dürfte, warum erst diese und dann jene Entscheidung fällt. Wir müssen verbindlicher werden mit dem, was wir sagen, damit wir es auch einhalten können. Ein Kratzer an der Glaubwürdigkeit wirkt acht Mal so schlimm. Das wieder gutzumachen, erfordert große Anstrengungen.

Was tun?

Die Mitglieder noch mal neu einbeziehen und fragen: Kommt, was machen wir aus dem aktuellen Status? Wo stehen wir jetzt? Wie stellen wir uns für die Zukunft aus? Wie schaffen wir es, neue Ideen zu debattieren? Wie binden wir neue Mitglieder und Interessengruppen an uns? Da ist so viel Arbeit und so viel Potential. Deshalb ist es so wichtig zu hinterfragen, ob der Parteivorsitz in Personalunion mit dem Fraktionsvorsitz einhergehen muss. Mit meiner Kandidatur möchte ich den SPD-Mitgliedern zeigen, dass es eine Auswahl geben kann.

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