CDU-Parteitag:Vom Bauernhof an die Parteispitze

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Silvia Breher vor der CDU-Zentrale in Berlin (Foto: dpa)

Silvia Breher sitzt erst seit zwei Jahren im Bundestag - nun soll sie stellvertretende CDU-Vorsitzende werden.

Von Robert Roßmann, Leipzig

Eines ist die Neue ganz sicher nicht: unauffällig. Wenn man vor den Sitzungen der Unionsfraktion durch den Saal schaut, fällt Silvia Breher in dem Meer aus Anzugträgern - fast 80 Prozent der Abgeordneten sind Männer - sofort auf. Die Frau trägt einen blondierten Undercut. Dabei ist Brehers politische Biografie noch viel ungewöhnlicher als ihre Haare.

Die Niedersächsin ist erst vor zwei Jahren zum ersten Mal in den Bundestag gewählt worden. Man tritt ihr nicht zu nahe, wenn man sagt, dass sie noch nicht zu den bekanntesten aller Christdemokraten gehört. Doch auf dem CDU-Parteitag soll sie zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt werden - als Nachfolgerin der künftigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Es ist ein Aufstieg, wie es ihn in der CDU selten gegeben hat. Und es ist eine Karriere, die sich von den vielen geschmeidigen Junge-Union-Biografien in der Partei stark unterscheidet.

Die 46-Jährige ist auf einem Bauernhof aufgewachsen. "Es war ein kleiner Hof, aber eine Vollerwerbslandwirtschaft mit Rindern und Schweinen", sagt sie. "Mein Papa war eigentlich Maurer, aber meine Mama hat den Hof mitgebracht." Wegen dieser Erfahrungen wisse sie "in der Regel schon Bescheid, wenn ich über Landwirtschaft spreche".

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Kommentar von Robert Roßmann

Breher hat dann Rechtswissenschaften studiert. Sie hat erst als selbständige Anwältin, dann als Geschäftsführerin des Kreislandvolkverbandes Vechta gearbeitet, also die Interessen der örtlichen Landwirte vertreten. Nach der Europawahl 2014 fing sie an, sich auch in der CDU zu engagieren. Vor der Bundestagswahl 2017 trat sie gegen drei Männer an, um als Direktkandidatin im Wahlkreis Cloppenburg-Vechta aufgestellt zu werden.

"Das war megacool"

Die Angelegenheit wurde auf ungewöhnliche Weise entschieden: Es gab eine Urwahl. In der Halle des Basketball-Bundesligisten SC Rasta Vechta kamen fast 2000 CDU-Mitglieder zusammen - und Breher setzte sich gegen die Männer durch. "In der großen Halle mit all den Menschen die Urwahl zu gewinnen, das war megacool", sagt sie.

Bei der Bundestagswahl 2017 holte sie in dem Wahlkreis dann mit 57,7 Prozent das bundesweit beste Erststimmenergebnis. Vor acht Monaten wurde Breher auch noch Vorsitzende des CDU-Landesverbandes Oldenburg - als erste Frau. Die CDU gliedert sich in Niedersachsen in die drei Landesverbände Braunschweig, Hannover und eben Oldenburg.

Als sich abzeichnete, dass auf die niedersächsische Frau Ursula von der Leyen wegen der Partei-Arithmetik wieder eine niedersächsische Frau folgen soll, signalisierte Breher selbstbewusst ihr Interesse. Und sie setzte sich erneut durch. Ihr Landesverband nominierte Breher als CDU-Vize. Sie erfuhr davon durch einen Anruf, als sie in einem Zug nach Berlin saß. Der Chef des Arbeitnehmerflügels der Partei, Karl-Josef Laumann, saß dabei zufällig neben ihr.

Landwirtschaft in der DNA

Und was will Breher in dem neuen Amt erreichen? "Landwirtschaft und ländlicher Raum, das ist einfach ein Teil von mir", sagt sie. "Bei diesen Themen werde ich mich immer einmischen, das ist meine DNA." Die Landwirte würden sich im Stich gelassen fühlen. "Ihnen fehlt es an Anerkennung, die müssen sich für alles ständig rechtfertigen, egal ob es um die Klimapolitik, den Umweltschutz oder das Tierwohl geht", sagt Breher.

Außerdem wolle sie sich in die Familienpolitik einbringen. "Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Angebote für die individuellen Bedürfnisse von Eltern und Kindern, darum möchte ich mich kümmern", sagt sie. "Ich habe immer durchgearbeitet, ich war selbständig oder als Geschäftsführerin tätig, als meine Kinder geboren wurden." Sie kenne die Probleme. Ihre drei Kinder sind übrigens alle noch im Grundschulalter, auch damit wird Breher in der CDU-Spitze ein Solitär sein.

Und was ist mit der Frisur? Dass darüber gesprochen werde, störe sie überhaupt nicht, sagt Breher. "Ich hatte die Haare außer zu Abizeiten immer kurz - seit 15 Jahren sind sie mal blonder und mal weniger blond, mal höher und mal weniger hoch."

© SZ vom 22.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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