Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die Anstrengungen bei der Abwehr von Internetkriminalität verstärken. Die Risikolage sei "weiterhin hoch und angespannt, sowohl für den Staat, für die Wirtschaft als auch für den Nutzer", sagte er am Donnerstag, als in Berlin der Jahresbericht des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorgestellt wurde. Die Methoden von Cyberkriminellen würden "aggressiver". Auch BSI-Präsident Arne Schönbohm betonte, die Lage habe sich "weiterhin zugespitzt".
800 Millionen Schadprogramme sind dem Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik bekannt. Täglich kommen laut Bericht etwa 390 000 neue Varianten hinzu. Die Angriffe reichen von vermeintlich sicher verschlüsselten E-Mails, die aber heimlich mitgelesen werden könnten, bis zu Schwachstellen in Prozessoren. Kriminelle verschafften sich über Babyfons oder Überwachungskameras Zugang zu privaten Daten, sagte Schönbohm. Oft verwendeten sie fremde Rechner, um die digitale Währung Bitcoin zu schürfen. "Aufgrund der hohen finanziellen Attraktivität und der Unauffälligkeit der Infektionen" sei dieses illegale Vorgehen "als signifikant zunehmendes Cyber-Risiko zu bewerten", heißt es im BSI-Bericht.

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Zu den schwersten bekannten Vorfällen zählte ein Hackerangriff auf das Auswärtige Amt im Februar 2018. Er sei "erfolgreich ausgeschaltet" worden, so Schönbohm. Unerwähnt blieb, dass die Behörden Mühe hatten, die Lage in den Griff zu bekommen. Zwischen Juli 2017 und Mai 2018 wurden zudem 145 Vorfälle bei Betreibern kritischer Infrastrukturen, etwa bei Energieversorgern, gemeldet. Dazu zählte ein Angriff auf die EnBW-Tochterfirma Netcom.
In den vergangenen zwei Jahren sei der deutschen Wirtschaft durch Spionage und Datendiebstahl ein Schaden von 43 Milliarden Euro entstanden, sagte Iris Plöger, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Staat und Unternehmen müssten "noch viel enger kooperieren". Seehofer kündigte an, das BSI zu einem "ebenso starken Pfeiler" der Sicherheitsbehörden zu machen wie das Bundeskriminalamt, den Verfassungsschutz und die Bundespolizei. Von den 15 000 neuen Stellen, die den Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern zugesagt wurden, erhält das BSI allerdings nur 450 neue Stellen bis zum Ende der Legislatur.