Schwedens Außenministerin Wallström:Die Frau, die Saudi-Arabien herausfordert

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Schwedens Außenministerin Margot Wallström erkennt, wie schwierig es ist, einerseits als verlässlicher Mediator, andererseits als prinzipientreuer Akteur aufzutreten. (Foto: REUTERS)
  • Mit ihrer prinzipientreuen Linie eckt die schwedische Außenministerin regemäßig an. Zuletzt kam es mit Saudi-Arabien zum Eklat, als Margot Wallström ein Redeverbot erteilt wurde.
  • International wird Wallström für ihre Politik gelobt, in Schweden selbst sorgt man sich hingegen um die Rolle als Moderator in Konflikten.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Wieder ist ein Botschafter aus Stockholm abgereist, diesmal verließ Ibrahim bin Saad bin Ibrahim al-Brahim das Land. Der Saudi ist bereits der zweite Landesvertreter, der sich seit Antritt von Außenministerin Margot Wallström unter Protest zurückzieht. Im Oktober hatte Israel seinen Botschafter abberufen, nachdem Schweden Palästina als Staat anerkannt hatte - Wallströms erste Amtshandlung. Der Israeli ist inzwischen zurückgekehrt, im Streit mit Saudi-Arabien geht es nun um Menschenrechte und ein gekündigtes Militärabkommen.

Wallström, Sozialdemokratin und frühere EU-Kommissarin, fällt auf durch eine emotionale, idealistische Politik, die sie selbst "feministische Außenpolitik" nennt. International erhält sie dafür einiges Lob, ihre Landsleute verschreckt sie zuweilen. Sie befürchten, dass das sonst so besonnene, bündnisfreie Schweden dadurch seine Glaubwürdigkeit als Mediator in Konflikten verliert.

Den Göteborger Politikwissenschaftler Ulf Bjereld erinnert sie bereits an den 1986 ermordeten Ministerpräsidenten Olof Palme und dessen Friedenspolitik. Sie sei in ihrer Politik zudem unabhängiger als ihr Vorgänger Carl Bildt - unabhängiger von Brüssel, wo der kleinste gemeinsame Nenner regiere. Damit sei ihre Politik sichtbarer.

Auf ein kurzfristiges Redeverbot folgt die Kündigung des Militärabkommens

Der Konflikt mit Saudi-Arabien jedenfalls wurde über Schwedens Grenzen hinaus bemerkt. Für Wallström verliefen die vergangenen Tage nicht gut: Am Montag war sie als Ehrengast zum Treffen der Arabischen Liga in Kairo geladen, eben wegen der Anerkennung Palästinas. Dann erteilte man ihr kurzfristig Redeverbot, ein Eklat, den Stockholm am Dienstag mit der Kündigung des Militärabkommens beantwortete. Diese Entscheidung sei bereits vor einiger Zeit gefallen, hieß es zwar. Man kann trotzdem fragen, warum die schwedische Regierung damit ausgerechnet am Tag nach dem Eklat an die Öffentlichkeit ging. So musste es wie eine beleidigte Reaktion wirken. Die Saudis reagierten ihrerseits beleidigt mit dem Botschafter-Abzug.

"Endlich, ein westliches Land erhebt sich für Menschenrechte, gegen Saudi-Arabien", titelte die Washington Post. Bereits im Januar hatte Wallström deutliche Worte für die Verurteilung des saudischen Bloggers Raif Badawi zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockschlägen gefunden, sie hatte von "nahezu mittelalterlichen Methoden" gesprochen.

Zuletzt hatte Schweden den Saudis offenbar Ausbildung in Gender-Fragen offeriert

In der Rede, die sie in Kairo nicht halten durfte, sollte es um Demokratie und Menschenrechte gehen, ohne dass der Name Saudi-Arabien fällt. Der schwedisch-saudische Vertrag, der jetzt gekündigt wurde, umfasste nicht nur den Export von Rüstungsmaterial, sondern auch Logistik, Forschung, Sanitätsdienste. Zuletzt hatte Schweden den Saudis offenbar Ausbildung in Gender-Fragen angeboten, ohne Erfolg.

Wallströms Vorgänger Carl Bildt nannte das Geschehen in jeder Hinsicht "unglücklich": Schweden habe Schaden genommen. "Dies ist ein kleines Land mit großen Ambitionen", sagt indessen Idris Ahmedi, Politik-Dozent an der Uni Stockholm: "Ich denke, Wallström kennt die Konsequenzen ihrer wertebasierten Politik und ist bereit, Risiken einzugehen." Der Forscher Bjereld glaubt, Wallström habe nun erkannt, wie schwierig es ist, zwei Rollen zu vereinbaren: als verlässlicher Mediator - und prinzipientreuer Akteur.

© SZ vom 13.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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