Olaf Scholz:Der Finanzminister und seine Steuerpläne

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Reagiert schmallippig, als er zum Wahlkampf befragt wird: Olaf Scholz in Washington. (Foto: Xander Heinl/photothek.de via www.imago-images.de/imago images/photothek)

SPD-Kanzlerkandidat Scholz lässt seine Experten im Ministerium Steuerkonzepte rechnen. Er wolle sich eine Meinung bilden, sagt er. Profitiert davon auch die SPD im Wahlkampf?

Von Cerstin Gammelin, Washington

Die Reise von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zu seiner US-Amtskollegin Janet Yellen nach Washington ist von Wahlkampf-Vorwürfen aus der Heimat überschattet worden. Unmittelbar nach seinem Gespräch mit der US-Finanzministerin am Freitagvormittag Ortszeit musste sich Scholz auch zu dem Vorwurf befragen lassen, er habe Teile des Steuerentlastungskonzepts, mit dem die SPD und Scholz als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf ziehen wollen, im Ministerium rechnen lassen. Der Spiegel hatte zuvor berichtet, Scholz habe bei der Detailplanung des SPD-Steuerkonzepts auf den Sachverstand seines Ministeriums zurückgegriffen und ein staatlich finanziertes Institut eingeschaltet. Konkret hieß es, vor zwei Wochen habe die Leitungsebene des Ministeriums die Steuerabteilung beauftragt, Modelle durchzurechnen. Sollte der Vorwurf stimmen, könnte es sich um verdeckte Parteienfinanzierung handeln.

Scholz reagierte bei dem Pressetermin vor dem Weißen Haus in der US-Hauptstadt schmallippig, als die letzte Frage nicht zu seinen Gesprächen mit Yellen gestellt wurde, sondern zum Wahlkampf und dem SPD-Steuerkonzept. Ob der Vorwurf stimme, dass er das Ministerium für den Wahlkampf der SPD einspanne? "Es ist Aufgabe des Finanzministers, sich mit Steuerkonzepten zu beschäftigen", wich Scholz aus. Das Finanzministerium habe dazu eine Stellungnahme abgegeben. "Ich glaube, das ist auch das, was man dazu sagen kann." Er fügte hinzu, Ministeriumstätigkeit sei "immer so organisiert, dass der Minister bei seinen Aufgaben unterstützt wird".

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Bei seinem Washington-Besuch hatte Olaf Scholz auf ein Treffen mit der Vizepräsidentin der USA gehofft. Vergeblich.

Ein Sprecher des Ministeriums sagte, es sei "üblich, dass in einem Ministerium fachliche Ausarbeitungen für den Minister erstellt werden". Im Bundesfinanzministerium gehöre die Steuerpolitik dazu. Derzeit würden verschiedene Varianten der Reform des Einkommensteuertarifs errechnet. Das Ministerium arbeite dabei "auf Basis eines Rahmenvertrags mit einem externen Institut zusammen. Dies dient der Meinungsbildung der Leitung und geschieht nicht im Auftrag oder auf Wunsch einer Partei."

Die SPD allerdings arbeitet derzeit auch an der Finalisierung der von ihr nach den Wahlen geplanten Steuerreform. Danach sollen kleine und mittlere Einkommen künftig deutlich entlastet und Bestverdiener belastet werden. Konkret ist geplant, den bisherigen Spitzensteuersatz von 42 Prozent deutlich später als bisher, etwa bei 80 000 Euro Bruttojahreseinkommen eines Singles, greifen zu lassen. Bis dahin würde die Belastung deutlich langsamer wachsen als heute. Ab einem Bruttoeinkommen von 100 000 Euro pro Jahr soll ein Satz von 45 Prozent fällig werden. Ledige Spitzenverdiener mit einem Einkommen ab 250 000 Jahresbrutto sollen dann einem Steuersatz von 48 Prozent unterliegen. Die Pläne sind noch nicht finalisiert. Eine Parteisprecherin sagte, die "im Zukunftsprogramm der SPD formulierten Positionen zu Steuerpolitik basieren auf Vorarbeiten der Kommission Steuern und Finanzen des SPD-Parteivorstands". Die SPD greife "auf den Sachverstand Vieler zurück".

Die Meinungsbildung im Ministerium, das vom Kanzlerkandidaten Scholz geleitet wird, und die Erstellung des SPD-Steuerkonzepts fallen also zeitlich zusammen. Schwer vorstellbar, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun haben soll. Dagegen spricht auch, das die Koalition bis zur Bundestagswahl keine Steuerreform mehr durchziehen will.

Andererseits sind die Sozialdemokraten - anders als Grüne und die Union - in ihren steuerpolitischen Forderungen und Plänen schon seit Jahren deutlich detaillierter. Das hat auch damit zu tun, dass die SPD auf umfassende finanzpolitische Erfahrungen zurückgreifen kann. Mit Hans Eichel, Peer Steinbrück und Olaf Scholz kamen drei der vier letzten Bundesfinanzminister aus ihren Reihen. Zudem ist der Co-Vorsitzende der SPD, Norbert Walter-Borjans, zuvor Finanzminister im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen gewesen. Zu dieser Zeit hieß es oft, das Steuerkonzept der SPD werde in Düsseldorf gerechnet.

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