Russland und Ukraine:Noch immer bereit

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Mitte Dezember wurde Teile der russischen Armee mit ihren Panzern in der Region Rostow zusammengezogen - für Übungszwecke, wie es damals hieß. (Foto: SERGEY PIVOVAROV/REUTERS)

Mehr als 10 000 russische Soldaten sollen aus den Grenzregionen zur Ukraine zurückgezogen werden. Aber was bedeutet das?

Von Florian Hassel, Warschau

Vor Verhandlungen mit USA und Nato hält Russlands Präsident den Druck auf den Westen aufrecht. Zwar sagten Armeesprecher am Samstag, mehr als 10 000 Soldaten würden nach Übungen von der von Russland besetzten Krim und den russischen Grenzregionen Rostow und Kuban in ihre ständigen Basen zurückkehren. Doch gleichzeitig meldete etwa die von der Krim operierende russische Schwarzmeerflotte umfangreiche Manöver, bei denen auch die Erstürmung feindlicher Küstenstreifen durch Marineinfanterie geprobt wurde - eine mögliche Variante für einen russischen Angriff auf die Ukraine.

Präsident Putin wurde am Sonntag in einem Fernsehprogramm gefragt, welche militärische Antwort er geben werde, falls die USA und die Nato nicht auf seine Forderung nach einem schriftlichen Aufnahmeverzicht in die Nato für die Ukraine und weiteren Garantien wie etwa einem Aufrüstungsverbot des ukrainischen Militärs eingingen. Die Antwort könne "ganz verschieden sein" und hänge "von den Vorschlägen ab, die mir unsere Militärexperten machen", sagte Putin.

Die USA und Russland werden von Januar an über die russischen Forderungen verhandeln. Putin zufolge stehen die Unterhändler bereits fest. Am vergangenen Mittwoch telefonierten der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs, Mark Milley, und sein russischer Kollege Walerij Gerassimow miteinander. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg lud Moskau zudem zu einer Sitzung des Nato-Russland-Rates am 12. Januar ein.

Einen Angriff ausschließen wollte Putin nicht

Freilich ist unklar, was bei den Gesprächen herauskommen soll: Putins Forderung nach einem schriftlichen Verzicht auf eine Nato-Aufnahme der Ukraine wurde bereits durch Nato und die US-Administration abgelehnt. Putin seinerseits wollte in einer Pressekonferenz am 23. Dezember einen Angriff auf die Ukraine ausdrücklich nicht ausschließen und keine entsprechende Garantie abgeben. Stattdessen betonte Putin an den Westen gerichtet: "Ihr müsst uns Garantien geben - ihr! Und zwar unverzüglich, jetzt!"

Die Frage ist, ob Putin schon ein Szenario für das endgültige Scheitern seiner Forderungen entworfen hat - oder ob er von vornherein unannehmbare Forderungen gestellt hat, um einen bereits beschlossenen Angriff zu rechtfertigen. Zu den angeblich mehr als 10 000 abziehenden Soldaten fehlen jegliche Details. US-Analysten kamen zu dem Schluss, Russland bereite eine Streitmacht von 175 000 Soldaten für einen möglichen Angriff vor. Dem ukrainischen Nationalen Sicherheitssekretär Oleksij Danilow zufolge hat Moskau knapp 122 000 Soldaten in einem 200 Kilometer tiefen Streifen entlang der ukrainischen Grenze stationiert. Weitere gut 20 000 Soldaten ständen in der sich anschließenden 200-Kilometer-Zone bereit, so Danilow am 22. Dezember.

Die USA untersuchen unterdessen, wie die Verteidigungsbereitschaft der Ukraine erhöht werden kann. Das Pentagon schickte kürzlich ein Team in die Ukraine, um die Bedürfnisse der Luftabwehr zu untersuchen. Robert Lee vom Londoner King's College sagte der New York Times, im Falle eines Angriffes könnten russische Raketen einen großen Teil der ukrainischen Armee im Osten des Landes "innerhalb der ersten 30, 40 Minuten" vernichten.

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