Kriegsgefahr in Osteuropa:Moskau erhöht Druck auf die Ukraine

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Ukrainische Soldatinnen bei einer Demonstration in Odessa. (Foto: Emilio Morenatti/dpa)

Russland verlängert das Militärmanöver in Belarus, der Westen versucht, Putin von einer Invasion abzuhalten.

Von Paul-Anton Krüger, München

Russland und Belarus setzen die Manöver ihrer Streitkräfte in Belarus fort. Dies hätten die Präsidenten Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko entschieden, teilte der belarussische Verteidigungsminister Viktor Chrenin am Sonntag mit. Der Kreml erhöhte damit weiter den militärischen Druck auf die Ukraine, während westliche Staats- und Regierungschefs unablässig versuchten, Präsident Wladimir Putin von einem Einmarsch in das Nachbarland abzubringen.

Die Militärübungen hätten eigentlich am Sonntag enden sollen. Russland hatte versichert, die nach Schätzung der Nato etwa 30 000 beteiligten russischen Soldaten sollten danach in ihre Stützpunkte auf russischem Territorium zurückkehren. Nun bleiben sie auf unbestimmte Zeit in Belarus, von wo sie von Norden aus einen Angriff auf die Ukraine und die Hauptstadt Kiew führen könnten. Chrenin begründete dies mit "militärischen Aktivitäten" an den Außengrenzen und der Lage in der Ostukraine.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron telefonierte am Sonntag fast zwei Stunden mit Putin und danach mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij, mit dem er schon am Samstag gesprochen hatte. Macron und Putin seien übereingekommen, in den kommenden Stunden ein Treffen der trilateralen Kontaktgruppen abzuhalten, der Russland, die Ukraine und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) angehören, um auf eine Waffenruhe hinzuarbeiten. Auch sollten die Gespräche in Normandie-Format wieder aufgenommen werden. Eine diplomatische Lösung müsse den Vorzug erhalten. Der Elysée bezeichnete Macrons Unterredung mit Putin als die "letzten möglichen und notwendigen Anstrengungen, um einen größeren Konflikt in der Ukraine zu vermeiden".

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der gemeinsam mit Macron versucht, zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln, hatte auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende gesagt, es sei "immer unsere Aufgabe, alle Türen, und seien sie noch so klein, zu nutzen, durch die möglicherweise der Spielraum für Verhandlungen geöffnet werden kann". Er warnte zugleich, man dürfe "nicht naiv sein". Russland habe alle Fähigkeiten im Grenzgebiet, um einen Krieg gegen die Ukraine zu führen.

Polen beruft Sondersitzung der OSZE ein

Auch US-Außenminister Antony Blinken will die diplomatischen Bemühungen fortsetzen. Es gehe darum, "Vertrauen aufzubauen, Risiken zu verringern, Rüstungskontrolle zu betreiben, die Stationierung von Waffensystemen, Streitkräften oder Übungen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zu überprüfen", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Wenn Russland sich darauf einlasse, "dann könnten wir Schritte unternehmen, um die kollektive Sicherheit zu stärken".

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen drohte am Sonntag in der ARD, dass Russland im Fall eines Angriffs auf die Ukraine "im Prinzip abgeschnitten wird von den internationalen Finanzmärkten". Wirtschaftlich richteten sich alle Sanktionen gegen "die Güter, die Russland dringend braucht, um seine Wirtschaft zu modernisieren und zu diversifizieren".

Polen als vorsitzendes Land der OSZE berief für Montag eine Sondersitzung des Ständigen Rats der Organisation ein. Im Kriegsgebiet im Donbass ist eine OSZE-Beobachtermission im Einsatz. Sie hat in den vergangenen Tagen einen drastischen Anstieg der Gewalt registriert, allein am Samstag mehr als 1500 Verletzungen des Waffenstillstands.

Die Führer der von Moskau kontrollierten Separatistengebiete hatten am Wochenende die Generalmobilmachung ausgerufen. Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow nannte die Lage entlang der sogenannten Kontaktlinie "maximal belastet". Jegliche kleinere Provokation könne zu irreparablen Konsequenzen führen, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Interfax. Westliche Staaten gehen davon aus, dass Russland dort Zwischenfälle inszenieren könnte, um einen Vorwand für eine Invasion zu schaffen.

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