Russische Opposition:Nawalny-Vertrauter in Litauen angegriffen

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Leonid Wolkow ist für seinen Einsatz gegen staatliche Lügen und Desinformationskampagnen mit dem Theodor-Heuss-Preis ausgezeichnet worden. (Foto: Jean-Francois Badias/dpa)

Kreml-Kritiker Leonid Wolkow wird vor seinem Haus in Litauen mit einem Hammer attackiert und dann mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. In einem nach dem Angriff veröffentlichten Video gibt Wolkow sich kämpferisch.

Ein enger Vertrauter des vor gut drei Wochen in einem Straflager verstorbenen Kreml-Gegners Alexej Nawalny ist in seinem Exil in Litauen überfallen und verletzt worden. Der Oppositionelle Leonid Wolkow sei nach Angaben der litauischen Polizei am Dienstagabend gegen 22 Uhr von Unbekannten angegriffen und geschlagen worden, als er in einem Auto im Hof ​​seines Hauses in Vilnius ankam.

Die Untersuchungen laufen. Es werde in mehrere Richtungen ermittelt, sagte eine Polizeisprecherin am Mittwoch. Verdächtige seien bislang nicht identifiziert worden. Die Hintergründe des Angriffs sind noch unklar. In der Nacht hatten mehrere Polizeieinheiten, darunter eine Elite-Einheit zur Terrorismus-Bekämpfung, den Tatort am nördlichen Rand von Vilnius untersucht.

Wolkow selbst äußerte sich in einem Video auf seinem Telegram-Kanal zu dem Vorfall. Man sieht ihn darin mit einem bandagierten Arm. Der Angriff sei ein "typischer Banditengruß" der Handlanger des russischen Präsidenten Wladimir Putin gewesen. "Sie wollten mich buchstäblich zum Schnitzel klopfen mit einem Hammer", sagte er nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus. Er sei etwa 15 Mal mit dem Hammer auf das Bein geschlagen worden. "Das Bein ist in Ordnung. Es tut weh beim Laufen", sagte Wolkow in dem Video. "Aber mein Arm ist gebrochen." Trotzdem zeigte er sich kämpferisch: "Wir werden weitermachen und nicht aufgeben."

"Das größte Risiko besteht jetzt darin, dass wir alle getötet werden"

Der Journalist Sergej Parchomenko schrieb auf seinem Telegram-Kanal, dass Wolkow außerhalb der Stadt wohne. Einen gewöhnlichen Raub oder Überfall halte er daher für abwegig. Es müsse sich bei dem Täter um einen Mann handeln, der gezielt Wolkow habe angreifen wollen, schreibt er.

Am Tag des Angriffs hatte Wolkow in der russischen Exilzeitung Meduza auf die Frage, mit welchen Risiken das Team um Nawalny nun konfrontiert sei, geantwortet: "Das größte Risiko besteht jetzt darin, dass wir alle getötet werden. Nun, das ist eine ziemlich offensichtliche Sache." Ganz so also, als hätte er den Angriff auf ihn kurze Zeit später vorausgeahnt.

Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda hält den Angriff für eine vorsätzliche Tat. "Es ist klar, dass solche Dinge geplant sind, und wir sollten uns nicht wundern. Aber ich möchte ganz klar sagen: Die zuständigen Behörden ermitteln und werden hoffentlich die Schuldigen finden", sagte Nauseda dem litauischen Rundfunk am Mittwoch am Rande eines Besuchs in Frankreich. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis reagierte entsetzt auf den Angriff auf Wolkow. Die Nachrichten über den Überfall seien "schockierend", schrieb Landsbergis auf der Plattform X. "Die zuständigen Behörden sind am Werk. Die Täter müssen sich für ihre Taten verantworten."

Der im Jahr 1980 geborene Wolkow war ein Vertrauter des bekannten Regimegegners Nawalny. Zuletzt hatte er vor Lügen des Kremls und der Moskauer Staatspropaganda gewarnt: Wenn die Nachricht vom Tod Nawalnys wahr sei, dann sei er nicht einfach gestorben, sondern der russische Präsident Wladimir Putin habe ihn getötet, schrieb Wolkow. Der durch einen Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft geschwächte Nawalny soll Mitte Februar bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof in Sibirien zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben seines Teams ist im Totenschein angeblich von "natürlichen" Ursachen die Rede.

© SZ/dpa/Reuters/jala/hij - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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