Angriffe auf Schiffe:Gewappnet fürs Rote Meer

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Die "Hamburg" ist, wie die "Hessen", eine Fregatte der Typklasse "124", auch "Sachsen"-Klasse genannt (Symbolbild). (Foto: Sina Schuldt/dpa)

Die Bundesregierung prüft, welche Fregatten für einen Einsatz an der Küste Jemens verfügbar sind - und fordert Iran auf, seinen Einfluss auf die Huthi-Miliz geltend zu machen.

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Die Bundesregierung hat Iran aufgefordert, auf die Huthi-Miliz in Jemen einzuwirken, ihre Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer zu stoppen. Das sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin und bekräftigte damit eine gemeinsame Erklärung von insgesamt 44 Staaten, unter ihnen die USA, die Mitglieder der Nato und der EU, die nach Beratungen am Dienstag veröffentlicht worden war. Iran unterstützt die Huthis politisch, finanziell und mit militärischer Ausbildung und hat ihnen nach Überzeugung westlicher Geheimdienste einen Großteil der Waffen geliefert, die sie nun gegen Schiffe im Roten Meer einsetzt.

Die Bundesregierung will sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung und einem gleichlautenden Bericht des Spiegels an der von den USA angeführten Sicherungsmission beteiligen. Für eine solche Option müssten die rechtlichen und logistischen Voraussetzungen jetzt geprüft werden, sagte der Regierungssprecher. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums betonte, dass die Marine in der Lage sei, die nötigen Kräfte bereitzustellen, wenn es einen entsprechenden politischen Beschluss und ein Mandat gebe.

Frankreich ist bereits mit einer Fregatte in dem Seegebiet präsent

Die Fregatten des Typs 124 seien genau für derartige Anforderungen ausgelegt worden, also die Abwehr von Flugkörpern. Die Hessen, eines von drei Schiffen dieser Klasse, kehrt derzeit aus einem Einsatz als Flaggschiff eines Nato-Verbands in der Ostsee in ihren Heimathafen Wilhelmshaven zurück. Sie käme am ehesten infrage für eine Entsendung in das Rote Meer. Allerdings würde die Besatzung von etwa 230 Soldatinnen und Soldaten dann nur eine kurze Pause bleiben. Der Sprecher sagte, auch Logistik-, Führungs- und Aufklärungsfähigkeiten könnten eine Rolle spielen. Es komme darauf an, dass das Gesamtpaket für eine solche Operation mit den Partnern abgesprochen werde.

Auf europäischer Ebene beraten hochrangige Diplomaten zumindest informell darüber, ob eine Ausweitung des EU-Mandats zur Pirateriebekämpfung als Rechtsgrundlage für einen Einsatz im Roten Meer dienen könnte. Eine entsprechende Veränderung des Mandats für die EU-Mission Atalanta sei "sicher eine Option, die auf dem Tisch liegt", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Die Bundesregierung müsste wiederum den Einsatz vom Bundestag genehmigen lassen.

Frankreich ist bereits mit einer Fregatte in dem Seegebiet präsent, die auch schon Flugkörper der Huthis abgeschossen hat. Italien hat die Entsendung einer Fregatte zugesagt. Spanien erklärte sich grundsätzlich zu einer Beteiligung an der Operation "Prosperity Guardian" bereit, will dies aber nur auf Grundlage eines internationalen Mandats tun. Ein gemeinsames europäisches Mandat wäre also im Interesse mehrerer Mitgliedstaaten. Formale Beratungen dürfte es aber erst im neuen Jahr geben. Ohnehin ist die Mission seitens der USA auf längere Zeit geplant, wie es heißt. Sollte Deutschland im Frühjahr ein Schiff stellen, könnte dies andere Teilnehmer der zunächst neun Staaten umfassenden Koalition ablösen.

Die USA ziehen Angriffe auf Stellungen entlang der Küste Jemens in Erwägung

Die Entsendung von Stabsoffizieren wäre früher möglich, bedürfte aber wohl ebenfalls eines Bundestagsmandats. Die USA wollen sich nicht auf defensive Maßnahmen beschränken, also das Abfangen von Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen, mit denen die Huthis in den vergangenen Wochen mehr als 20 Schiffe attackiert haben. Sie ziehen auch Angriffe auf die Stellungen entlang der Küste Jemens in Erwägung, von wo die Geschosse abgefeuert werden.

Der Zerstörer USS "Carney" der US-Marine fängt von Jemen aus kommende Kampfdrohnen ab. (Foto: Mc2 Aaron Lau/Planetpix/Imago)

Nach Angaben des Logistikunternehmens Kühne+Nagel haben bereits mehr als 100 Containerschiffe ihre Route geändert, um das Rote Meer zu umgehen. Sie müssen in der Regel das Horn von Afrika umfahren, was je nach Schiffstyp Verzögerungen von zehn Tagen bis zwei Wochen nach sich zieht. Die Route durch den Suezkanal ist normalerweise der schnellste Weg vom Mittelmeer nach Asien und gerade für die deutsche Wirtschaft von großer Bedeutung.

Die von Iran unterstützte Hisbollah feuert von Libanon auf Ziele in Israel

Die Bundesregierung hat sich zudem darauf geeinigt, dass sowohl auf Zypern als auch in Libanon Krisenunterstützungsteams über die Feiertage vorgehalten werden für den Fall, dass die Lage in Libanon eskaliert. Auswärtiges Amt und Bundesverteidigungsministerium wollen damit die Reaktionszeiten für eine etwaige schnelle Luft- oder Seeabholung oder auch eine militärische Evakuierungsoperation so kurz wie möglich halten.

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Die ebenfalls von Iran unterstützte Hisbollah feuert von Libanon auf Ziele in Israel, die israelischen Streitkräfte antworten mit Vergeltungsschlägen aus der Luft und mit Artillerie. Aus der Bundesregierung heißt es dazu, die Lage an der Grenze bleibe "hoch volatil". Für Libanon gilt weiter eine Reisewarnung und Ausreiseaufforderung des Auswärtigen Amtes, allerdings halten sich weiter knapp 1000 deutsche Staatsangehörige dort auf.

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