Regierungserklärung zur Euro-Rettung:Merkel sieht Weichen für ein "neues Europa" gestellt

Lesezeit: 2 min

"In seiner Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzen": Angela Merkel verteidigt vor dem Bundestag die Beschlüsse des Euro-Krisengipfels mit Verve. Eine Aufstockung der Krisenabwehrfonds bleibt aber trotz des Neins der Kanzlerin auf der Tagesordnung.

Beim Euro-Krisengipfel vergangene Woche hatte Angela Merkel ihren großen Auftritt: Die Einigung von Brüssel entspricht weitgehend den Vorschlägen der Kanzlerin. Nun musste die CDU-Chefin ihre Leistung vor dem Bundestag verkaufen - und das tat sie mit Verve. Die Weichen "für ein neues Europa" seien gestellt, sagte Merkel. Das Treffen mit seinen Beschlüssen hin zu einer Fiskalunion sei "in seiner Bedeutung gar nicht hoch genug einzuschätzen". Die Konstruktionsfehler der Währungsunion würden damit behoben.

"In seiner Bedeutung gar nicht hoch genug einzuschätzen": Kanzlerin Angela Merkel ist von ihrer Leistung überzeugt. (Foto: AFP)

Wie schon mehrfach zuvor mahnte Merkel, dass eine Lösung der Probleme "nicht über Nacht" zu erreichen wäre. Die Bewältigung der Krise werde Monate oder Jahre dauern und von Rückschlägen begleitet sein. "Wir erleben eine der schwersten Krisen Europas, aber gemeinsam haben wir schon unendlich viel erreicht."

Merkel verwies auf die vereinbarte Haftungsobergrenze für den dauerhaften Rettungsschirm ESM von 500 Milliarden Euro als einen weiteren Erfolg. Mit dem auf 2012 vorgezogenen Start des ESM müssten zudem alle Mitgliedsländer Kapital einzahlen, und nicht nur Länder mit den höchsten Bonitätsnoten wären gezwungen, einen wirtschaftlichen Beitrag zu leisten.

Ungeachtet der Gipfelbeschlüsse und des Widerstands der Kanzlerin bleibt eine Aufstockung der Euro-Krisenabwehrfonds aber auf der Tagesordnung. Schon beim Gipfel stand zur Diskussion, den ESM nicht nur auf Mitte 2012 vorzuziehen, sondern seinen Vorgängerfonds EFSF weiterlaufen zu lassen. Das hätte bedeutet, den ESM um die bis dahin ungenutzten Mittel des EFSF aufzustocken. Merkel hatte das ebenso abgeschmettert wie den Vorschlag, dem ESM eine Banklizenz zu geben, um ihm Zugang zu Krediten der Europäischen Zentralbank zu verschaffen.

"Die Wende zum Guten schaffen"

Doch nun zitiert die Nachrichtenagentur Reuters aus dem Umfeld von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy: "Diese Frage wird bald wieder auf dem Tisch liegen." Die Euro-Rettungsfonds seien unterfinanziert, der Druck auf Merkel werde deshalb bald wieder wachsen, bestätigte ein weiterer EU-Diplomat. An diesem Mittwoch sprach sich Merkel allerdings erneut gegen jede Ausweitung des ESM aus - und hofft offenbar, die Krise so zu überstehen. "Wir wollen die Wende zum Guten schaffen, das ist genau die Chance, die aus dieser Krise erwächst", sagte Merkel im Bundestag. Sie zeigte sich sogar überzeugt, dass die EU und die Euro-Zone gestärkt aus der Krise hervorgehen könnten.

Woher sie die Überzeugung nimmt, dass sogar die EU von der Krise profitieren kann, blieb angesichts des Ausscherens Großbritanniens bei den jüngsten Verhandlungen unklar. Deutschland und Frankreich hatten beim Gipfel in Kauf genommen, dass die Briten außen vor bleiben und ihre Forderungen nach Schuldenbremsen und automatischen Sanktionen gegen Defizitsünder mit den übrigen 24 EU-Staaten durchgesetzt. Großbritanniens Premier David Cameron hatte daraufhin gedroht, die Institutionen der EU, wie Kommission und Parlament, für Fragen der Euro-Gruppe zu blockieren.

Merkel bedauerte in ihrer Rede erneut, dass Cameron die Beschlüsse nicht mitgetragen habe. Es stehe aber "außer Frage", dass Großbritannien auch in Zukunft ein wichtiger Partner in der EU sein werde. Vize-Premier Nick Clegg mühte sich unterdessen weiter um Schadensbegrenzung. Die Blockadehaltung Camerons hatte zu Streit in der Koalition geführt - Cleggs europafreundliche Liberaldemokraten hatten Cameron und seinen konservativen Tories vorgeworfen, das Land zu isolieren.

Nun erklärte der Vize-Premier, die britische Regierung wolle die gute Beziehung zur Europäischen Union wiederherstellen und im Herzen des EU-Binnenmarktes bleiben. Damit spreche er für die gesamte Regierung, auch für Premier Cameron, so Clegg.

© sueddeutsche.de/dapd/dpa/reuters/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: