Armando Siri:Der Staatssekretär, der die italienische Regierung gefährdet

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Die Fünf-Sterne fordern die Entlassung von StaatssekretärArmando Siri. (Foto: imago/Insidefoto)

Armando Siri hat eine erstaunliche Karriere hinter sich. Die Korruptionsaffäre, der "Caso Siri", könnte die populistische Koalition in Rom zum Stürzen bringen.

Von Oliver Meiler, Rom

Es ist noch nicht lange her, da hatten nur wenige Italiener je von Armando Siri gehört, ihrem Staatssekretär im Transportministerium, einem Senator von der rechten Lega. Siri - darunter verstand man auch in Italien vor allem ein Spracherkennungsprogramm für Smartphones. Nun ist der 47-jährige Genuese allen ein Begriff, zwangsläufig.

Kein Tag vergeht, an dem die Presse nicht neue Einzelheiten herausfindet über seinen anscheinend merkwürdigen Umgang mit Geld und Einfluss, mit zwielichtigen Unternehmern und Banken in Steuerparadiesen. Es könnte sogar sein, dass die Korruptionsaffäre, die seinen Namen trägt, der "Caso Siri", die populistische römische Regierung aus Lega und Cinque Stelle zum Stürzen bringt. Nach weniger als einem Jahr.

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Für diesen Mittwoch ist eine Ministerratssitzung geplant, die sich wie ein Showdown anlässt. Für oder wider Siri. Lega gegen Cinque Stelle. Vizepremier Matteo Salvini gegen Vizepremier Luigi Di Maio. Vielleicht stimmen sie sogar über die Entlassung des Staatssekretärs ab, es wäre eine dramatische Pointe mit absehbarem Ausgang.

Die Cinque Stelle, die ihn mit Macht loswerden wollen, um so ihren eigenen Ruf kurz vor den Europawahlen etwas aufzufrischen, haben acht Stimmen im Rat. Die Lega, die ihren Mann ebenso vehement verteidigt, hat nur sechs Stimmen. Ginge es nach Premier Giuseppe Conte, wäre Siri schon lange weg. Er forderte ihn zum Rücktritt auf. Doch in der sonderbaren Welt des neuen Italiens hat der Premier weniger zu sagen als seine beiden Vizes. Siri, so hört man, habe Conte nur höhnisch ins Gesicht gelacht.

Von Craxi zu Berlusconi zu Salvini

Er hat bereits eine erstaunliche Karriere hinter sich. Als junger Mann war Siri Sozialist - ein "Craxiano", wie man die Anhänger des ehemaligen Premierministers Bettino Craxi nannte. Er stand dem Sozialistenführer persönlich so nahe, dass er ihn oft in dessen selbst gewähltem Exil besuchte, im tunesischen Hammamet.

Vom skandalumwitterten Craxi zu Silvio Berlusconi war der Weg nicht weit. Siri zog nach Mailand und wurde Fernsehjournalist in Berlusconis Konzern Mediaset. Er kann gut reden, schnell und gepflegt. Studiert hat Armando Siri nie, er habe keine Zeit gehabt, sagte er einmal. Mit 20 Jahren hat er geheiratet, mit 22 war er schon Vater.

Von der Politik konnte Siri aber nie lassen. Er gründete eine Partei mit dem schönen Namen "Italia Nuova", neues Italien, und trat bei den Mailänder Gemeindewahlen an. Trotz großer Wahlplakate brachte er es nur auf 0,64 Prozent. An seinem neoliberalen Programm zweifelte er allerdings nicht. Zentral war darin die Einführung einer "Flat Tax": 15 Prozent Steuern, für alle.

So lernte er 2014 Matteo Salvini kennen, der gerade erst Sekretär der Lega geworden war. Salvini war dermaßen angetan vom "Ideologen der Flat Tax", dass er ihn in den engsten Kreis seiner Berater aufnahm. Siri saß auch an dem Tisch, an dem der Koalitionsvertrag entstand. Minister wurde er nur deshalb nicht, weil die Cinque Stelle moralische Einwände vorbrachten. Siri war nämlich einmal wegen betrügerischen Bankrotts zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden. 2011 war das. Die Schatten verzogen sich nie.

Siri soll sich ins Zeug gelegt haben für Windenergie - gegen Bezahlung

Nun werfen ihm die Staatsanwaltschaften von Palermo und Rom vor, er habe sich unlängst von Unternehmern bestechen lassen, die mit Windenergie Geschäfte machen und der sizilianischen Mafia nahestehen. 30 000 Euro sollen sie ihm dafür bezahlt haben, dass er sich in seiner doppelten Rolle als Staatssekretär und Machtbroker für eine günstige Gesetzgebung ins Zeug legt. Drei Mal schaltete sich Siri in das Parlamentsgeschäft ein, mit dem er eigentlich nichts zu tun hatte.

In Mailand ermittelt die Justiz wegen eines Immobiliengeschäfts über 585 000 Euro. Das Geld für das Haus kam aus San Marino, was den Notar dazu bewegte, den Fall der italienischen Zentralbank zu melden. Siri, muss man dazu wissen, hat vor einem Jahr ein Einkommen von 25 000 Euro versteuert.

© SZ vom 08.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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