Er hat ausländerfeindliche Parolen an Schulwände gesprüht und ist mit seinen Kumpels in NS-Manier durch die Stadt marschiert - kam aber dank eines überaus milden Urteils praktisch ohne Strafe davon. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) dieses Urteil gegen einen jungen Mann aus Rheinland-Pfalz aufgehoben und klargestellt: Fremdenfeindliche Motive müssen strafschärfend gewertet werden, auch bei kleineren Delikten.
Der Vorfall liegt schon neun Jahre zurück: Der spätere Angeklagte zog mit einer Gruppe junger Leute durch eine Kleinstadt in Rheinland-Pfalz und hinterließ an Schulwänden Graffitis wie "Hitzefrei statt Völkerbrei" und "Die Deutsche Jugend wehrt sich".
Lübcke-Prozess:Einer, der eine Kugel verdient habe
Im Prozess um den Mord an dem Kassler Regierungspräsidenten Lübcke beantwortet der Hauptangeklagte Fragen der Familie des Ermordeten. Das bunte Leben im Haus der Lübckes habe seinen Hass noch gesteigert.
Ein paar Monate später reihte er sich in eine Aktion der rechten Szene ein - einen "Marsch der Unsterblichen", dessen Teilnehmer hinter einem Banner mit der Aufschrift "Volkstod stoppen" dunkel gekleidet mit brennenden Fackeln durch die Innenstadt zogen. "Der Aufmarsch erweckte den Eindruck einer Militärformation und erinnerte an Fackelzüge des 'Dritten Reichs'", so beschreibt es der BGH.
Aber die martialische Aktion blieb weitgehend folgenlos. Das Landgericht Koblenz verurteilte den Angeklagten zwar wegen Sachbeschädigung und Verstoßes gegen das Uniformverbot, sah aber von einer Strafe ab.
Dieses Urteil hat der dritte BGH-Strafsenat nun als "durchgreifend rechtsfehlerhaft" beanstandet. Das Landgericht habe allein strafmildernde Gesichtspunkte gewürdigt - die lange Dauer des Verfahrens zum Beispiel und die Belastung durch die Untersuchungshaft. "Dagegen hat sie eine fremdenfeindliche Tatmotivation des Angeklagten unberücksichtigt gelassen."
Regel gilt auch für frühere Taten
Rassistische, fremdenfeindlich oder sonstige menschenverachtende Beweggründe müssen aber bei der Festsetzung der Strafe gewichtet werden. Das steht zwar erst seit 2015 ausdrücklich im Gesetz, galt aber laut BGH schon davor; die neue Vorschrift habe "lediglich klarstellenden Charakter", argumentiert der BGH.
Damit gilt die Regel auch für frühere Taten, auch für die ausländerfeindlichen Aktivitäten des Angeklagten im Jahr 2011. Das Landgericht Koblenz muss nun erneut darüber entscheiden, ob gegen den Mann nicht doch eine härtere Strafe angezeigt ist.