Rechte Gewalt in Deutschland:Der Fanatismus sitzt tief

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Lutz Bachmann vor Pegida-Anhängern in Dresden: Er kann das Hetzen nicht lassen. (Foto: REUTERS)

Bedrohlicher als Pegida-Mann Lutz Bachmann ist der anonyme Mob, der ihm applaudiert. Demokraten müssen sich fragen, was sie gegen den Rechtsextremismus in diesem Land tun können.

Ein Kommentar von Tanjev Schultz

Pegida-Mann Lutz Bachmann kennt man leider schon so gut, dass man sich locker eine Sozialprognose zutraut: Er kann das Hetzen einfach nicht lassen. Dass er Justizminister Heiko Maas mit Goebbels vergleicht, ist widerlich, aber wenig überraschend. Man darf Bachmann nun nicht den Gefallen tun, zu viel auf seine Worte zu geben und ihnen ein lautes Echo zu verschaffen - und sei es eines der Empörung.

Bei Bachmann weiß man wenigstens, mit wem man es zu tun hat. Auch die Staatsanwaltschaft hat seine Adresse. Bedrohlich ist der anonyme Mob, der ihm applaudiert. Gefährlich sind die nicht ermittelten Gewalttäter, die den Hassreden Taten folgen lassen und mit Brandsätzen und Baseballschlägern herumziehen. In den vergangenen Tagen gab es erneut zahlreiche Überfälle auf Flüchtlinge. In Magdeburg rotteten sich bis zu 30 Unbekannte zusammen und verprügelten Asylbewerber. In Freital wurde eine Sprengladung vor dem Schlafzimmer einer Flüchtlingswohnung gezündet.

Die Polizei kann nicht überall sein, aber es ist schon erstaunlich, wie vielen Tätern es gelingt, unerkannt zuzuschlagen. Die Präsenz von Beamten vor Flüchtlingsunterkünften muss weiter verstärkt werden - das ist das Mindeste, was der Staat jetzt zu tun hat.

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Wie jeden Montag versammelt sich Pegida in Dresden - und wie so oft sorgt der wegen Volksverhetzung angeklagte Lutz Bachmann für einen Skandal: Er nennt den Bundesjustizminister "eine Schande für Deutschland".

Mehr Bildung? Mehr Aufklärung? Unbedingt!

Aber es muss auch der Moment kommen, an dem sich die Demokraten in diesem Land fragen, was sie noch tun können, um den Rechtsextremismus wirkungsvoller zu bekämpfen als bisher. Die Täter sind ja in der Regel hier aufgewachsen, hier sozialisiert, hier auf die fanatische Bahn abgedriftet.

Als in den 1990er Jahren schon einmal pogromartige Zustände herrschten, wurden zwar ein paar Demokratie-Programme ins Leben gerufen, die nicht alle wirkungslos waren. Aber die Gegenwart zeigt, wie tief der Rassismus und der Fanatismus bei vielen weiterhin sitzen. Mehr Bildung? Mehr Aufklärung? Unbedingt! Doch wie soll man Jugendliche wirksam vor Extremismus schützen, wenn sie umgeben sind von lauter extremistischen Erwachsenen?

Menschen, die einem Bürgerkrieg entkommen sind, müssen in diesen Tagen in Deutschland um ihr Leben bangen. Vor ein paar Wochen sagte Kanzlerin Angela Merkel: Wenn man sich jetzt dafür entschuldigen müsse, "dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land".

Es muss ihr Land bleiben.

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