Diplomatie:Bewegungslos im Kreml

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Der Westen erschwere Verhandlungen, weil er sich weigere, die annektierten Gebiete in der Ukraine als russisches Territorium anzuerkennen, heißt es aus Moskau: Wladimir Putin in einer Videokonferenz am Freitag. (Foto: Mikhail Metzel/SPUTNIK/REUTERS)

In einem Telefonat mit dem russischen Machthaber verurteilt Olaf Scholz Russlands Angriffe auf die Infrastruktur der Ukraine. Putin wiederum verteidigt diese.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Freitag eine Stunde lang mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin telefoniert, es war das erste Mal seit sieben Wochen. Scholz habe dabei die russischen Luftangriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine verurteilt, teilte in Berlin Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Demnach bekräftigte der Kanzler die deutsche Entschlossenheit, die Ukraine darin zu unterstützen, ihre Verteidigungsfähigkeit gegen die russische Aggression zu sichern. Zudem habe Scholz darauf gedrungen, dass es schnellstmöglich zu einer diplomatischen Lösung komme. Zu der gehöre der Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine. Im Februar hatte Russland das Nachbarland überfallen. Die russischen Angriffe legen das Strom- und Fernwärmenetz der Ukraine teilweise lahm, auch die Wasserversorgung ist betroffen.

Man könne reden, heißt es Richtung Washington, aber es werde weitergekämpft

In Moskau teilte das russische Präsidialamt zu dem Telefonat mit, Putin habe Russlands Raketenangriffe auf die Ukraine verteidigt als Antwort auf "Kiews Provokationen". Putin habe den Kanzler aufgefordert, Deutschlands Herangehensweise in Bezug auf die Ukraine zu überdenken, die westliche Linie sei zerstörerisch. Militärische und finanzielle Hilfe des Westens sei dafür verantwortlich, dass die Ukraine Verhandlungen mit Russland ablehne. Der Kremlchef habe auch gefordert, Russland an der Untersuchung der Angriffe auf die Gaspipelines in der Ostsee zu beteiligen.

Moskau reagierte am selben Tag auf eine Äußerung von US-Präsident Joe Biden über dessen Bereitschaft, mit Putin wegen des Kriegs gegen die Ukraine zu sprechen. Der russische Regierungssprecher Dmitrij Peskow sagte in Moskau, Putin bleibe offen für Verhandlungen, "um unsere Interessen zu wahren". Die Angriffe und Kämpfe würden jedoch fortgeführt. Der beste Weg, Russlands Interessen durchzusetzen, seien friedliche, diplomatische Mittel, sagte Peskow. Dass die USA sich weigerten, die von Moskau annektierten Gebiete im Süden und Osten der Ukraine als russisches Territorium anzuerkennen, erschwere die Kompromisssuche. Die Annexionen ukrainischen Gebiets durch Russland sind völkerrechtswidrig.

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Präsident Biden hatte das Thema möglicher Verhandlungen am Donnerstag angesprochen im Rahmen des Besuchs von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Washington. Er sei bereit zu Gesprächen mit Putin, sagte Biden, wenn dieser nach einem Weg suche, den Krieg zu beenden. Das habe Putin jedoch noch nicht erkennen lassen.

Der Sprecher der Bundesregierung teilte auch mit, Scholz und Putin hätten über die globale Lebensmittellage gesprochen, die infolge des russischen Angriffskrieges angespannt ist. Getreideexporte aus der Ukraine, von denen einige Länder abhängen, waren zeitweise unmöglich und bleiben hinter den Vorkriegsmengen zurück. Beide Seiten hätten die wichtige Rolle des kürzlich verlängerten Getreideabkommens unter Ägide der UN hervorgehoben und vereinbart, in Kontakt zu bleiben.

© SZ/Reuters/dpa/bac - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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