Proteste in Gorleben:Aktion Knallhütte: Wie Greenpeace einen Laster berühmt machte

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Eine kleine Brauerei in Nordhessen verkauft einen Laster. Sechs Monate später kommt es zu einem unverhofften Wiedersehen - auf Atom-Protestbildern aus dem Wendland.

Die Knallhütte ist ein klitzekleines Fleckchen Land bei Kassel in Nordhessen und gibt dem örtlichen Brauhaus seinen Namen. Der Gasthof ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer, Radler und Motorradfahrer. Es gibt blau-weiße Tischdecken, Akkordeonmusik und samstags eine Märchenstunde für Kinder.

Nur mit Presslufthämmern und Trennschleifern gelang es den Beamten, die letzten beiden der ursprünglich fünf Greenpeace-Aktivisten aus dem umgebauten Bierlaster zu entfernen. (Foto: dapd)

Dass seine kleine Brauerei einmal Berühmtheit erlangen würde, hätte sich Frank Bettenhäuser nicht träumen lassen. Dabei hat der Brauer diesen Ruhm selbst begründet - zumindest indirekt.

Denn Brauer Bettenhäuser verkaufte im März einen Lastwagen seines Unternehmens mitsamt dem Schriftzug "Hütt Luxus Pils - so herzerfrischend anders". Von dem Auto hatte er seitdem weder gehört noch gesehen. Und jetzt gehen Bilder seines alten Lkw um die Welt - sie zeigen Greenpeace-Aktivisten, die damit den Castor-Transport nach Gorleben blockierten.

"Wir sind heute morgen vom Hocker gefallen", sagte Bettenhäuser über den Moment, als er seinen alten Laster wiedersah. Zwei Umweltschützer hatten den Lkw in der Nähe des Verladebahnhofs Dannenberg geparkt und sich so mit dem Fahrzeug im Boden verkeilt, dass Einsatzkräfte den Wagen nicht bewegen konnten, ohne die Protestierenden zu verletzen. Erst nach knapp zwölf Stunden konnten die Beamten die einbetonierten Aktivisten loslösen.

Bettenhäuser, Geschäftsführer der Hütt-Brauerei, Chef von 44 Mitarbeitern und ehemaliger Besitzer des Protest-Fahrzeugs, reagierte mit gemischten Gefühlen auf diese kostenlose Werbung. Seit 1752 wird im Brauhaus Knallhütte Bier gebraut und die Tradition dementsprechend großgeschrieben. Auch die Gebrüder Grimm verkehrten schon in dem Brauhaus - und ließen sich von Dorothea Viehmann, der Tochter des Hausherrn, Märchen für ihre weltberühmte Sammlung erzählen. Auf ihrer Homepage betont die Brauerei ihre "traditionell konservativen, regionalen Wurzeln" - von diesem hessischen Wertekonservatismus war die Aktion der Umweltschützer allerdings Halbwertszeiten entfernt.

Die Protestler hatten auf die Ladefläche des Lkw kistenweise Leergut gestapelt, um unbehelligt durch die Polizeikontrollen gelangen zu können. Der Plan ging auf, der Laster wurde geparkt. Die Aktivisten klappten die Seitenteile mit dem Brauereischriftzug nach oben - darunter erschien das Logo der Umweltschutzorganisation. Mit Beton verankerten die Atomkraftgegner sich und den Laster fest im Boden.

Die aufsehenerregende Aktion nötigte sogar einer Polizistin einigen Respekt ab: "Das war der Oberknaller", sagte sie, "echt 'ne geile Aktion."

Bettenhäuser war da anderer Meinung als die Beamtin. Er habe seine Brauerei-Transporter früher mitsamt dem Schriftzug verkauft, sagte der Geschäftsmann. "Das werden wir künftig sicherlich nicht mehr machen."

© sueddeutsche.de/dpa/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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