Präsidentenwahl in Polen:Schlappe für konservative PiS

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Zwingt Amtsinhaber Duda in eine Stichwahl: Warschaus Bürgermeister Rafał Trzaskowski (Foto: REUTERS)

Der liberale Herausforderer Trzaskowski zwingt Duda in die Stichwahl. Bei der Wahl eines Präsidenten in Polen verpasst der nationalkonservative Amtsinhaber die absolute Mehrheit.

Die Polen müssen in zwei Wochen in einer Stichwahl über ihren neuen Präsidenten entscheiden. Der nationalkonservative Amtsinhaber Andrzej Duda verpasste im ersten Durchgang Prognosen zufolge die für eine Wiederwahl nötige absolute Stimmenmehrheit. Duda kam auf 42,9 Prozent der Stimmen, der oppositionelle Kandidat und Warschauer Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski auf 30,3 Prozent. Trzaskowski war für die liberalkonservative Bürgerkoalition ins Rennen gegangen.

Trotz Corona-Pandemie lag die Wahlbeteiligung bei 64,3 Prozent. Bei der Präsidentenwahl 2015 hatte die Gesamtwahlbeteiligung am Ende des Tages bei etwa 49 Prozent gelegen. Das amtliche Endergebnis soll spätestens am Mittwochmorgen bekannt gegeben werden.

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Die Wahl war ursprünglich für den 10. Mai geplant. Sie wurde aber wegen der Corona-Pandemie nach einem heftigen politischen Streit kurzfristig verschoben. Im April und Mai konnte die PiS nach Meinungsumfragen noch davon ausgehen, dass Duda gleich im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der Stimmen bekommt und sich eine zweite Amtszeit sichert.

Eine Art Volksabstimmung über die Politik der PiS

Auch wenn das Ergebnis nun laut Prognosen deutlich schlechter ausgefallen ist, feierten die Anhänger der PiS Duda am Wahlabend in Łowicz westlich von Warschau. Duda sagte, es sei wichtig, dass das Land so geführt werde, wie es die Mehrheit der Bevölkerung wolle. Er gratulierte seinem Herausforderer Trzaskowski zu dessen Erfolg.

Trzaskowski sagte vor Anhängern in Warschau, das Ergebnis zeige, dass ein hoher Prozentsatz der Polen den Wechsel wolle. "Wir haben immer noch die Chance, zu siegen." Die zweite Wahlrunde werde darüber entscheiden, ob Polen einen Präsidenten bekomme, der der Regierung genau auf die Finger sehe, oder jemanden, der seine eigene Unterschrift nicht achte.

Die Wahl galt auch als eine Art Volksabstimmung über die Politik der PiS, die seit 2015 den Präsidenten stellt und über die absolute Mehrheit im Parlament verfügt. Eine zweite Amtszeit Dudas würde das Machtmonopol der Partei bis zur nächsten Parlamentswahl im Jahr 2023 untermauern.

Das Amt des polnischen Staatspräsidenten ist nicht rein repräsentativ, der Präsident hat weitreichende Vollmachten und kann Gesetze nicht nur mit einem Veto blockieren, sondern auch eigene Gesetzesinitiativen anstoßen.

Ein möglicher Sieg Trzaskowskis in der zweiten Runde könnte bedeuten, dass die PiS bei fast allen Gesetzesvorhaben damit rechnen muss, dass der Präsident von seinem Vetorecht Gebrauch macht und die Initiativen stoppt. Trzaskowski hat bereits angekündigt, dass er die umstrittene Justizreform der PiS rückgängig machen will.

Drittplatzierter Kandidat will nicht für Duda stimmen

Einen Ausschlag für den Ausgang der Stichwahl könnte geben, für wen sich die Wähler der jetzt ausgeschiedenen Bewerber entscheiden. Der auf dem dritten Platz gelandete unabhängige Kandidat Szymon Hołownia sagte, er selbst werde nicht für Duda stimmen, wolle seinen Anhängern aber nichts vorschreiben. Mit Trzaskowski wolle er darüber reden, ob dieser wichtige Punkte seines Wahlprogramms unterstütze. Dann könnten die Wähler ihre eigene Entscheidung treffen.

Ein Sprecher des Kandidaten Krzysztof Bosak von der rechtspopulistischen Konfederacja (7,4 Prozent) sagte, man werde keine Wahlempfehlung aussprechen. Nach zwei Meinungsumfragen im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Senders TVP und der privaten Fernsehstation TVN Info hätte Duda derzeit die besseren Chancen, die Stichwahl zu gewinnen.

In den Wahllokalen galten am Sonntag besondere Schutzvorschriften. Im Zentrum von Warschau standen die Menschen mit Gesichtsmasken vor den Wahllokalen Schlange, da in den Räumen nur eine begrenzte Personenzahl zugelassen war. Desinfektionsmittel standen am Eingang bereit, die Wahlhelfer trugen Handschuhe und durchsichtige Gesichtsvisiere. Wähler waren gehalten, ihr Kreuzchen mit einem eigenen Stift zu machen.

© SZ.de/dpa/AP/lala - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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