Peru:Ein Knast nur für Präsidenten

Lesezeit: 2 min

Alejandro Toledo war von 2001 bis 2006 peruanischer Präsident und lebt seit Jahren in den USA. (Foto: Mandel Ngan/AFP)

Peru hat eine eigene Haftanstalt für straffällig gewordene Staatschefs. Doch der Platz wird knapp: Zwei sitzen schon ein, nun ist am Sonntag noch ein weiterer Ex-Präsident hinzugekommen.

Von Christoph Gurk, Buenos Aires

Am Rande der peruanischen Hauptstadt Lima steht ein Gefängnis für Ex-Präsidenten. Im Penal Barbadillo sitzen bereits zwei ehemalige Staatschefs des südamerikanischen Landes ein, nun ist am Wochenende auch noch ein dritter hinzugekommen: Alejandro Toledo, peruanischer Präsident von 2001 bis 2006 und angeklagt wegen der Annahme von Schmiergeldern in Millionenhöhe.

Über Jahre hatte sich Toledo in Kalifornien einer Auslieferung widersetzt. Letzte Woche aber entschied ein US-Gericht, der 77-Jährige müsse der peruanischen Justiz übergeben werden. Nach seiner Ankunft am Flughafen von Lima am frühen Sonntagmorgen wurde Toledo den Behörden vorgeführt und am Abend dann per Hubschrauber in die Haftanstalt Barbadillo gebracht.

Kurz zuvor war in peruanischen Medien die Frage aufgekommen, ob es in dem Gefängnis überhaupt noch Platz gebe: In einer Zelle sitzt der wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilte Ex-Diktator Alberto Fujimori, in einer weiteren der letzte Präsident des Landes, Pedro Castillo, angeklagt unter anderem wegen versuchten Putsches. Generell seien Gefängnisse in Peru überfüllt, sagte Federico Llaque, der Leiter der Haftbehörden. "Aber wenn es nötig ist, gibt es immer noch Platz für einen mehr."

Alejandro Toledo war der erste indigene Staatschef seines Landes

Die Auslieferung und Inhaftierung von Alejandro Toledo wirft ein Schlaglicht auf die schwere politische Krise, in der Peru steckt. Neben den drei sich nun in Haft befindlichen Präsidenten laufen auch gegen fast alle anderen Staatschefs der letzten Jahrzehnte Prozesse oder Ermittlungen. Manche stehen unter Hausarrest oder wurden unter Auflagen freigelassen, bis ihr Verfahren beginnt. Ein ehemaliges Staatsoberhaupt hat sich 2019 durch Suizid den Behörden entzogen.

Die Hauptvorwürfe gegen die ehemaligen Amtsträger sind dabei fast immer die gleichen: Vorteilsnahme und Korruption, so auch im Fall von Alejandro Toledo. Er war 2001 der erste indigene Staatschef seines Landes und der erste gewählte Präsident seit der Rückkehr zur Demokratie. Hoffnung und Erwartungen waren groß: Toledo versprach, Menschenrechtsverbrechen aufzuklären, die während des Bürgerkriegs in den 80ern und der Diktatur in den 90ern in Peru begangen worden waren. Dazu wollte er Schluss machen mit Korruption und Vetternwirtschaft.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Mittlerweile aber glauben Ermittler, Toledo habe in seiner Regierungszeit Schmiergelder in Höhe von bis zu 30 Millionen Dollar angenommen. Das Geld stammte von einem brasilianischen Baukonzern, der 2016 zugab, mehr als 800 Millionen Dollar in der ganzen Region an Politiker gezahlt zu haben, um so im Gegenzug an lukrative Staatsaufträge zu kommen.

Es gibt Einzelzellen für die Insassen, teilweise mit kleiner Küche und sogar einem Garten

Toledo hat stets alle Vorwürfe bestritten und gleichzeitig die peruanische Justiz infrage gestellt. "Ich hoffe, dass man mich im Gefängnis nicht tötet", sagte der Ex-Präsident vor seiner Abreise in den USA. "Ich habe nie einen einzigen unrechtmäßig erworbenen Dollar erhalten." Es ist noch nicht klar, ob Toledo bis zum Beginn seines Prozesses in Untersuchungshaft bleiben muss.

Die Rückkehr des Ex-Präsidenten trifft Peru zu einem Zeitpunkt schwerster politischer und gesellschaftlicher Probleme. Das südamerikanische Land hatte in den letzten sieben Jahren ebenso viele Staatschefs. Der Kongress ist zersplittert in Kleinstparteien, und immer wieder versucht vor allem die rechte Opposition um die Tochter des ehemaligen Diktators Alberto Fujimori, die gewählten Präsidenten mit juristischen Tricks ihres Amtes zu entheben.

Ende vergangenen Jahres erklärte der damalige linke Staatschef Pedro Castillo, er werde das Parlament ganz auflösen und von nun an mit Dekreten regieren. Dies wurde als versuchter Staatsstreich gewertet und Castillo festgenommen. Nun sitzt er in Barbadillo, dem gleichen Gefängnis, in das nun auch Toledo gebracht wurde. Dort gibt es Einzelzellen für die Insassen, teilweise mit kleiner Küche und sogar einem Garten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusPeru
:Der Gipfel des Zorns

In Machu Picchu leben die Menschen vom Tourismus, doch seit das Land in Protesten versinkt, trauen sich kaum mehr Besucher hierher. Stattdessen stehen Polizisten am Bahnhof und die Lamas grasen einsam zwischen Inka-Ruinen. Über den tiefen Fall Perus.

Von Christoph Gurk

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: