Parteitag in Berlin:Grüne erheben Anspruch auf Oppositionsführung

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Die Grünen haben einen Abgeordneten weniger im neuen Bundestag als die Linkspartei. Dennoch will Fraktionschefin Göring-Eckardt im Falle einer großen Koalition die Führung der Opposition übernehmen. Auf dem Bundesparteitag am Wochenende wollen die Delegierten vor allem auch über neue Koalitionsmodelle diskutieren.

Die Grünen wollen für den Fall einer großen Koalition die Oppositionsführung im Bundestag übernehmen. Obwohl die Partei einen Abgeordneten weniger als die Linkspartei stellt, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der Berliner Zeitung: Wer Oppositionsführer sei, "hängt nicht davon ab, wer am lautesten schreit oder wie ein Klabautermann durchs Plenum hüpft". Mit Blick auf Linken-Fraktionschef Gregor Gysi sagte sie: "Der steht vor der Aufgabe, die Linkspartei grundsätzlich erst einmal regierungsfähig zu machen. Allem Anschein nach tut er sich sehr schwer damit."

Am Dienstag tritt der 18. Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Bei den Wahlen vor einem knappen Monat ging die Linke mit 8,6 Prozent vor den Grünen als drittstärkste Partei hervor. Die Linke stellt im neuen Plenum 64 Abgeordnete, auf die Grünen entfallen 63 Mandate. SPD und Union wollen in der kommenden Woche mit Beratungen über die Bildung einer großen Koalition beginnen.

Die Grünen kamen am Freitag zu ihrem dreitägigen Bundesparteitag zusammen. Dort wollen sie ihre künftige Strategie beraten und den Vorstand neu wählen. "Wir werden einen Blick zurück und zwei Blicke nach vorne werfen", sagte die scheidende Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke zum Auftakt der Beratungen. Lemke, die bei der Neuwahl des Bundesvorstandes am Sonntag nicht wieder antritt, warnte ihre Partei davor, sich in der Debatte über die künftige strategische Ausrichtung zu zerstreiten. "Ich gehe davon aus, dass wir unsere Geschlossenheit beibehalten", sagte sie. Die Kontroversen sollten "an den richtigen Stellen geführt werden".

"Andere Koalitionsoptionen müssen grundsätzlich möglich sein"

Nach dem Scheitern der schwarz-grünen Sondierungen in dieser Woche wird bei den Grünen kontrovers darüber diskutiert, inwieweit die Partei sich weiter einem Bündnis mit der Union öffnen soll. Insbesondere der linke Flügel pocht darauf, die Option eines rot-rot-grünen Bündnisses nicht außer Acht zu lassen.

In einem Leitantrag des Bundesvorstandes, über den am Samstag abgestimmt werden soll, wird darauf verwiesen, dass die bislang stets favorisierte rot-grüne Koalition nunmehr zum dritten Mal in Folge gescheitert sei. Daraus müssten Konsequenzen gezogen werden. "Andere Koalitionsoptionen müssen grundsätzlich möglich sein - sei es Rot-Grün-Rot oder Schwarz-Grün", heißt es in dem Text.

Auf dem Parteitag wird zunächst Parteichef Cem Özdemir sprechen, der am Samstag bei der Vorstandswahl erneut antritt. Mit Spannung wird erwartet, ob ihn die Delegierten mit einem schlechten Ergebnis abstrafen. Özdemir wird für das magere Wahlergebnis von 8,4 Prozent mitverantwortlich gemacht, Als Konsequenz aus dem Ergebnis hatte der gesamte Vorstand seinen Rücktritt erklärt, die Ko-Vorsitzende Claudia Roth tritt anders als Özdemir nicht wieder an. Um ihre Nachfolge bewirbt sich die frühere saarländische Umweltministerin Simone Peter. Nachfolger der bisherigen Bundesgeschäftsführerin Lemke soll Michael Kellner werden.

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