Parteien:Union und SPD feilschen um den Preis für eine große Koalition

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Berlin (dpa) - Nach dem Aus für Schwarz-Grün gibt es im schwarz-roten Koalitionspoker erste Kompromisssignale. CSU-Chef Horst Seehofer erklärte sich als erster führender Unionspolitiker bereit, den von der SPD geforderten Mindestlohn von 8,50 Euro unter bestimmten Bedingungen zu akzeptieren.

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Berlin (dpa) - Nach dem Aus für Schwarz-Grün gibt es im schwarz-roten Koalitionspoker erste Kompromisssignale. CSU-Chef Horst Seehofer erklärte sich als erster führender Unionspolitiker bereit, den von der SPD geforderten Mindestlohn von 8,50 Euro unter bestimmten Bedingungen zu akzeptieren.

Voraussetzung sei, dass auch die Union im dritten Sondierungespräch mit der SPD an diesem Donnerstag entscheidende Erfolge erziele, sagte Seehofer der „Süddeutschen Zeitung“. Diese könnten in einer Zusicherung der SPD bestehen, auf neue Schulden und Steuererhöhungen zu verzichten.

Kanzlerin Angela Merkel warnte dagegen erneut vor zu hohen Mindestlöhnen. „Wir müssen aufpassen, dass wir darüber nicht Arbeitsplätze vernichten“, sagte die CDU-Vorsitzende am Mittwoch auf einem Kongress der Gewerkschaft IG BCE in Hannover. Die SPD hat die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro in Ost und West zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung gemacht.

Die schwarz-grünen Sondierungen waren in der Nacht zum Mittwoch gescheitert. Beide Seiten betonten jedoch, die unerwartet positive Veränderung im politischen Klima habe Türen geöffnet, die sich so schnell nicht wieder schließen würden. Verhandlungen lehnten die Grünen mit der Begründung ab, dass es in vielen Bereichen wie der Flüchtlingspolitik noch zu große Differenzen gebe. CDU und CSU sahen den Hauptgrund für das Scheitern in der Grünen-Forderung nach höheren Steuern für Wohlhabende

An diesem Donnerstag treffen sich Union und SPD zu ihrer dritten Sondierungsrunde. Am Sonntag soll dann der SPD-Konvent über Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU abstimmen. Das gilt als kritisch, da es an der SPD-Parteibasis nach wie vor große Skepsis gegenüber einer Wiederauflage der großen Koalition von 2005 bis 2009 gibt.

Seehofer sagte, es sei offensichtlich, dass die SPD schon vor der offiziellen Aufnahme von Koalitionsverhandlungen einen Erfolg brauche, den sie ihren Mitgliedern präsentieren könne. „Deshalb muss man nach einem Weg suchen, der die Einführung eines Mindestlohnes gewährleistet, aber nicht Arbeitsplätze kostet.“ Bislang hatte die Union Zugeständnisse vor der Aufnahme offizieller Verhandlungen abgelehnt.

CDU-Vize Thomas Strobl warnte die SPD davor zu überreizen: „Das ist jetzt eine harte Nuss.“ Merkel nannte vier entscheidende Handlungsfelder für eine neue Bundesregierung: einen stabilen Euroraum, eine bezahlbare Energiewende, weitere Föderalismusreformen und Strategien zur Reaktion auf die alternde Gesellschaft.

Grünen-Chef Cem Özdemir schloss neue Gespräche mit der Union nicht aus, falls CDU, CSU und SPD sich nicht einigen können. Sollte in den schwarz-roten Gesprächen eine Situation entstehen, in der eine große Koalition womöglich nicht zustande komme, „kann es natürlich sein, dass man noch mal miteinander spricht“, sagte er im Deutschlandfunk.

Im SPD-Vorstand gibt es unterschiedliche Auffassungen, ob es schon für den Konvent ein klares Mindestlohn-Signal der Union geben muss. Es komme darauf an, wie konkret dieses nach dem Sondierungsgespräch ausfalle, hieß es. SPD-Chef Sigmar Gabriel muss entscheiden, ob er ausreichend starke Argumente aus der Sondierung hat, um eine Mehrheit für Verhandlungen über eine große Koalition organisieren zu können.

Vertreter der Union halten 8,50 Euro im Osten für zu hoch. Sie fordern zudem die Festsetzung der Mindestlohnhöhe durch eine unabhängige Kommission. Die SPD will eine erstmalige gesetzliche Festlegung auf diesen Betrag in Ost wie West - weitere Anpassungen könnte dann ebenfalls eine mit Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Wissenschaftlern besetze Kommission erarbeiten.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte: „Wir erwarten eine weitere intensive Auseinandersetzung um inhaltliche Positionen.“ Kommt es zu Verhandlungen und einem Koalitionsvertrag, müssten diesem am Ende die 470 000 SPD-Mitglieder zustimmen.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) betonte: „Aus ostdeutscher Sicht ist besonders wichtig, dass entschlossene Schritte zur Vollendung der sozialen Einheit gegangen werden.“ Deshalb dürfe es beim Mindestlohn keinen Unterschied zwischen Ost und West geben, sagte er der „Welt“. Auch die Rente müsse „endlich schrittweise angeglichen werden“.

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