Parteien:SPD spricht mit Union - Grüne im Richtungskampf

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Berlin (dpa) - Das Tauziehen um die Bildung einer neuen Regierung hat begonnen. Union und SPD steuern auf Sondierungsgespräche zu, möglicherweise noch im Laufe dieser Woche. Überschattet wird das gegenseitige Abtasten vom Streitthema Steuererhöhung.

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Berlin (dpa) - Das Tauziehen um die Bildung einer neuen Regierung hat begonnen. Union und SPD steuern auf Sondierungsgespräche zu, möglicherweise noch im Laufe dieser Woche. Überschattet wird das gegenseitige Abtasten vom Streitthema Steuererhöhung.

Nach der Wahlniederlage der Grünen tobt in der Öko-Partei ein Richtungskampf. Für Sondierungen mit der Union stellte Spitzenkandidat Jürgen Trittin harte Bedingungen. Die Union gibt Gesprächen mit der SPD den Vorrang.

Den Weg zu Vorgesprächen mit der Union machte SPD-Parteirat am Freitagabend frei. Damit sind aber noch längst nicht alle Hürden auf dem Weg zu einem schwarz-roten Bündnis beiseite geräumt. Die SPD-Führung will zum Schluss die 470 000 Parteimitglieder entscheiden lassen.

CSU-Chef Horst Seehofer zeigt dafür kein Verständnis: „Die Vorsitzenden der beteiligten Parteien haben alle ein Mandat und die Verantwortung, für stabile Verhältnisse zu sorgen. Wir sind doch keine Hasen, die aus Schreck vor einer Regierungsbildung kreuz und quer durchs Feld laufen, bis der Jäger sie erwischt“, sagte Seehofer der „Bild am Sonntag“.

Bei den Grünen beschlossen die rund 90 Delegierten des kleinen Parteitags nach harten Kontroversen über die künftige Ausrichtung der Partei fast einmütig eine Neuwahl der Parteiführung. Sondierungsgespräche mit der Union soll laut dem Beschluss noch das alte Spitzenpersonal führen, etwaige Verhandlungen auch neue Köpfe und Vertreter aus den Ländern. Im „Spiegel“ forderte Trittin mit Blick auf schwarz-grüne Gespräche zehn Milliarden Euro mehr für Bildung, einen Ausbauplan für Öko-Energien, einen Mindestlohn, den Einstieg in eine Bürgerversicherung und das Aus für das Betreuungsgeld.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe betonte im dpa-Interview, für die nun anstehenden Gespräche habe die SPD den Vorrang, auch wenn die CDU offen für die Grünen sei. Sollte am Ende „der Verhandlungsunwille anderer zu Neuwahlen führen, bräuchten wir nach dem Wahlergebnis für die Union keine Angst davor zu haben.“

Die von der SPD geforderte Anhebung des Spitzensteuersatzes schloss die Union am Sonntag kategorisch aus. „Mit uns gibt es keine Steuererhöhungen“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Dies sei auch die Position von Kanzlerin Angela Merkel. CSU-Chef Seehofer begründete dies in der „Bild am Sonntag“ mit den Worten: „Wir haben derzeit die höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten, der Staat muss mit dem auskommen, was er hat. Deshalb kommen Steuererhöhungen für meine Partei nicht in Frage.“ „Die Bürger haben darauf mein Wort.“

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dementierte einen Bericht des „Spiegel“, demzufolge er höhere Steuern für Spitzenverdiener plant. Zur Vorbereitung auf Koalitionsgespräche mit der SPD lasse er dies durchrechnen. Der „Bild“-Zeitung sagte Schäuble: „Es gibt keinen Grund, die Steuern zu erhöhen. Darum gilt weiterhin das, was wir vor der Wahl gesagt haben: keine Steuererhöhungen.“ Eine Sprecherin des Ministeriums sagte: „Die Behauptung, es gäbe Rechenaufträge an Fachleute, ist unzutreffend.“

SPD-Bundestagsfraktionsvize Joachim Poß kritisierte das Dementi als fadenscheinig und forderte Kanzlerin Angela Merkel auf, sich vor den Sondierungsgesprächen „ehrlich“ zu machen. Bis jetzt sei sie die Antwort schuldig geblieben, „wie sie ihre Wahlversprechen überhaupt finanzieren will, geschweige denn die notwendigen Zukunftsaufgaben wie Bildung und Infrastruktur“.

Die SPD will auf der Grundlage ihres Regierungsprogramms nun Kompromisslinien ausloten. Sie pocht auf einen Mindestlohn, eine Mietbremse, eine Rentenreform und auf höhere Steuern für Wohlhabende zugunsten von Kommunen, Bildung und Infrastruktur.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner kritisierte das von der SPD beschlossene Verfahren inklusive Mitgliedervotum als „Trickserei“. „Erst mal lange verhandeln lassen und sich dann hinter den Mitgliedern verstecken - davor kann man die SPD-Parteispitze nur warnen“, sagte sie der „Welt am Sonntag“.

Laut „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ verlangt die SPD bei einer Regierungsbeteiligung sechs Ministerposten für sich. Demnach ist Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann als Kandidat für das Finanzministerium im Gespräch, SPD-Vize Manuela Schwesig als Familienministerin und Parteichef Sigmar Gabriel als Vizekanzler und Arbeitsminister.

Schleswig-Holsteins SPD-Landeschef Ralf Stegner kritisierte die Spekulationen: „Der SPD geht es um Inhalte und nicht um Posten“, sagte er. Noch gebe es nicht einmal Sondierungsgespräche, und die Skepsis gegenüber einer großen Koalition sei in der Partei groß.

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