Paradise Papers:Profit ist nicht alles

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Die Glencore-Zentrale in Baar in der Schweiz (Archivbild). (Foto: REUTERS)

Nach Enthüllungen der Paradise Papers könnten die Schweizer bald per Volksentscheid Firmen zur Verantwortung zwingen, die gegen Umweltschutz und Menschenrechte verstoßen. Schon die Debatte darüber ist viel wert.

Kommentar von Charlotte Theile

Der schweizerische Rohstoffkonzern Glencore steht wie kaum ein anderes Unternehmen der Welt für die aggressive Ausbeutung jener wertvollen Ressourcen, die die Erde hergibt. Besonders die Aktivitäten in Afrika haben das Unternehmen in Verruf gebracht. Wie Glencore dabei agiert, mit teils zwielichtigen Helfern und Mittelsmännern, haben zuletzt die Paradise Papers gezeigt.

Zu Recht steht das Unternehmen mit Sitz im steuergünstigen Kanton Zug deshalb im Visier von Nichtregierungsorganisationen (NGO). Sie kritisieren die problematischen Bedingungen, unter denen die Rohstoffe in den afrikanischen Minen abgebaut werden. Sie werfen dem Unternehmen zudem eine zu große Nähe zu Potentaten wie dem kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila vor. Kurz vor Weihnachten hat eine Nichtregierungsorganisation eine Strafanzeige bei der Schweizer Bundesanwaltschaft gestellt, die Ermittler sollen die Geschäfte von Glencore im Kongo unter die Lupe nehmen und dem Vorwurf der Korruption nachgehen.

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Nun trifft das Unternehmen in der Schweiz aber auf einen noch mächtigeren Gegner: die direkte Demokratie. Die Bürger sollen über eine Initiative befinden, die das Geschäftsmodell vieler Unternehmen radikal in Frage stellt. Sollte sich die "Konzernverantwortungsinitiative" durchsetzen, könnten Schweizer Unternehmen verklagt werden, wenn in ihrem Namen irgendwo auf der Welt Menschenrechte verletzt oder die Umwelt geschädigt wird. Das Besondere daran ist, dass die Beweispflicht umgekehrt werden soll: Die Konzerne wären in der Verantwortung, ihre gesamte Lieferkette zu überprüfen und nur saubere Geschäftspartner und Zulieferer zu akzeptieren.

Obwohl die Abstimmung frühestens im nächsten Jahr ansteht, sind die Konzerne nervös. Zwar steht Glencore im Fokus der öffentlichen Debatte, es ist sogar von einer "Lex Glencore" die Rede, doch die Neuerung hätte auch für viele andere Firmen weitreichende Konsequenzen. Denn die Eidgenossenschaft hätte plötzlich eine der strengsten Regelungen der Welt, die lange Zeit gültige Gleichung, dass in dem Land keiner fragt, woher das viele Geld kommt, so lange es da ist, wäre dahin.

Dem Volksentscheid soll Wind aus den Segeln genommen werden

Die Wirtschaftsverbände und die Regierung in Bern lehnen den Vorstoß rundweg ab. Sie können sich nicht vorstellen, dass die Bürger der Initiative zustimmen. Schließlich könnte die Pflicht zur kompletten Transparenz am Ende dazu führen, dass etliche Konzerne den Firmensitz verlegen und ihre Steuern künftig anderswo zahlen. Andererseits haben Menschenrechte und Umweltschutz in dem Land eine lange Tradition.

Einige Unternehmen fordern daher, einen Kompromiss zu entwickeln: einen weniger rigiden Gesetzesvorschlag, der ohne harte Strafen auskäme - und ohne die Pflicht, dass die Konzerne auch für ihre Zulieferer und deren Handeln einstehen müssten. So soll dem möglichen Volksentscheid der Wind aus den Segeln genommen werden.

Am Ende könnte es der Konzernverantwortungsinitiative daher ähnlich ergehen wie anderen Vorhaben, die die Wirtschaft als schädlich für den Standort Schweiz bezeichnet hat: Wenn es darauf ankommt, stimmen die Schweizer Bürger fast immer für den Status Quo. Dennoch haben die Initiatoren bereits jetzt etwas erreicht: Sie haben in der Schweiz das Bewusstsein dafür geschärft, dass Konzerne nicht bloß für ihren Gewinn verantwortlich sind.

© SZ vom 02.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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