Präsidentschaftswahl in Österreich:Der österreichische Präsident, der Öxit und kein Ende

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Der parteilose Alexander Van der Bellen (links) und Norbert Hofer von der FPÖ werden ihre wenig ruhmreiche TV-Debatte wohl wiederholen müssen. (Foto: Lisi Niesner/dpa)

Die Präsidentschaftswahl wird wiederholt. In Österreich wächst die Angst vor einem schmutzigen Schlagabtausch - und die rechtspopulistische FPÖ verfolgt ihre eigene Agenda.

Kommentar von Cathrin Kahlweit

Mit "größtmöglicher Demut " habe Heinz Fischer nach genau 4400 Tagen im Amt seinen Abschied genommen, heißt es mit größtmöglicher Dankbarkeit in einer österreichischen Zeitung - und tatsächlich war der letzte Arbeitstag des österreichischen Bundespräsidenten eine Zeitenwende in der politischen Debattenkultur des Landes. Fischer war am Freitag mit standing ovations in der Bundesversammlung verabschiedet worden, und die Wehmut dürfte auch deshalb allseits so groß gewesen sein, weil ihm erst einmal niemand nachfolgt.

Bekanntlich wird die Stichwahl nach einem Verfassungsgerichtsurteil wiederholt, ein neues Staatsoberhaupt also erst in vier Monaten vereidigt. Wahlkampf Nummer drei nach der ersten und zweiten Runde der Bundespräsidentenwahl hat schon wieder begonnen, die Angst vor einem schmutzigen Schlagabtausch wächst - trotz Sommerpause und Fairness-Schwüren. Heinz Fischer war bisweilen allzu viel vornehme Zurückhaltung vorgeworfen worden war, aber nun ahnt die Republik, dass sie sich danach zurücksehnen wird.

FPÖ schürt das Feuer der Verschwörungstheorien

Das gilt zum einen für die Stichwahl selbst. Die FPÖ hatte die Wahlanfechtung eingereicht, ihr war mit Blick auf zahlreiche formale Unregelmäßigkeiten stattgegeben worden. So weit, so gut. Juristen und Journalisten bemühen sich seither, deutlich zu machen, dass die Aufhebung der Stichwahl gerade kein Beleg für einen vorangegangenen Wahlbetrug zulasten der FPÖ gewesen war (ihrem Kandidaten, Norbert Hofer, fehlten knapp 31 000 Stimmen zum Sieg). Die öffentliche Debatte darüber, ob die Entscheidung des Gerichts sachlich geboten war oder eher volkserzieherische Gründe hatte, wird gleichwohl seit Tag eins nach dem Urteil mit wachsender Nervosität geführt. Denn die FPÖ hat ihre eigene Agenda. Sie schürt das Feuer der Verschwörungstheorien, die sie selbst erfunden hat, und geht nun einen Schritt weiter: Obwohl die Verfassungsrichter keinen Hinweis auf Manipulationen gefunden haben, droht Kandidat Hofer nun mit einer weiteren Klage wegen "Hinweisen auf Manipulationen". Dieses Spiel wird bis Oktober weitergehen.

Beim nächsten Mal braucht es würdigere Kandidaten

Außerdem werden im Netz Gerüchte über eine Erkrankung des Gegenkandidaten Alexander Van der Bellen gestreut, die dieser gar nicht so schnell dementieren kann, wie ihm Krebs und Hepatitis angedichtet werden. Der Öxit wird, last but not least, nach dem Brexit in den Raum gestellt, dann eilig zurückgenommen. Der Nachhall vom Öxit als irre Drohung gegen die politische Elite bleibt. All das sind Maßnahmen aus dem "Grundkurs Populismus". Und sie verfangen.

Hätte im Mai nicht Van der Bellen, sondern Hofer gewonnen, hätten die Grünen die Wahl angefochten und mit ihrer Klage recht bekommen - dann hätte sich die FPÖ als Opfer des Systems inszeniert können, das den Ultrarechten ihren Sieg stehlen muss, weil es sie anders nicht mehr aufhalten kann. Nun bekommt die siegesgewisse FPÖ mit der Stichwahl eine zweite Chance; gleichzeitig stellt die Partei für den Fall einer weiteren Niederlage als Ultima Ratio wieder eine Anfechtung im Raum.

Sollte Hofer aber als Gewinner aus dem Duell zwischen den beiden Lagern hervorgehen, droht eine weitere Verschlechterung des politischen Klimas. Die Direktwahl des Präsidenten, die eigentlich Volksnähe in die Demokratie bringen soll, hat aufgrund eines überfrachteten und für parteipolitische Ziele instrumentalisierten Wahlkampfes die Akzeptanz von Institutionen unterminiert, Frust und Wahlmüdigkeit befördert. Für dieses Mal ist es zu spät - aber der Demokratie in Österreich würde es gut tun, wenn in Zukunft würdige Frauen und Männer aus der Gesellschaft nominiert würden, die jenseits von Parlamentsfraktionen sozialisiert wurden.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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