Nie seit dem Nato-Doppelbeschluss vor bald 38 Jahren gab es so viel nukleare Drohrhetorik wie heute. Selbst zur Hochzeit des Kalten Krieges wurde nicht so leichtfertig über den Einsatz von Atomwaffen geredet. Die russische Führung hat diesen Geist aus der Flasche gelassen. Jetzt bringt er sie selbst in Schwierigkeiten.
Als 2015 ein Dokumentarfilm des russischen Staatsfernsehens Wladimir Putin als genialen Dirigenten der Krim-Annexion präsentierte, trug er auch die Botschaft in die Welt, der Präsident habe darüber nachgedacht, die russischen Atomwaffen in Gefechtsbereitschaft zu versetzen. Ein andermal prahlte ein Moderator, Russland sei in der Lage, die Vereinigten Staaten "in radioaktive Asche zu verwandeln". Iskander-Raketen wurden nach Kaliningrad verlegt, von wo aus sie Atomsprengköpfe nach Berlin tragen könnten.
Wirtschaftlich ist Russland zu schwach und politisch zu unattraktiv, um international Gewicht zu erlangen. Die Führung erreichte dieses Ziel jedoch mit einer relativ billigen Guerilla-Taktik aus Desinformation, Hacking, Geheimdienst-Aktionen und Einsätzen von Elitekommandos. Die nukleare Keule in der Hinterhand stellt sicher, dass es darauf keine entschlossene Antwort gibt.
Nun kündigt der von Moskau zunächst hofierte Donald Trump eine kräftige nukleare Nachrüstung an. Um das Gleichgewicht zu erhalten, müsste Moskau nachziehen. Aber einen neuen Rüstungswettlauf kann sich Russland schlicht nicht leisten.