Russland:Nawalnys Mutter erhält Leiche ihres Sohnes - Stellungnahme der G7

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Ljudmila Nawalnaja, die Mutter des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny, hat dessen Leiche von den Behörden erhalten. (Foto: Uncredited/dpa)

Die Angehörigen des verstorbenen Kremlkritikers hatten seit Tagen die Herausgabe des Toten gefordert, um ihn möglicherweise in Moskau beerdigen zu können. Die G7-Gruppe würdigt Nawalnys Kampf für faire Wahlen und fordert Aufklärung zu den Ursachen seines Todes.

Die Mutter des in Haft gestorbenen Kremlgegners Alexej Nawalny hat dessen Leiche von den Behörden erhalten. Das teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch bei X (vormals Twitter) mit. "Wir wissen nicht, ob die Behörden es so ablaufen lassen, wie das die Familie will und wie es Alexej verdient", schreibt sie weiter. Angehörige und Unterstützer des Oppositionellen hatten die russische Führung seit Tagen zur Herausgabe des Toten aufgefordert, um ihn menschenwürdig beerdigen zu können.

Ljudmila Nawalnaja hatte eine öffentliche Beerdigung gefordert, damit sich nicht nur die Familie, sondern auch Anhänger von dem russischen Oppositionsführer verabschieden können. "Wir werden Informationen dazu bekannt geben, wenn sie hereinkommen", sagte Jarmysch. Zuvor hatte es geheißen, dass Nawalnys Mutter eine Beerdigung auf dem Chowanskoje-Friedhof anstrebe, der größten der mehr als 100 Ruhestätten in Moskau.

Der 47-Jährige starb am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen "Polarwolf" in der sibirischen Arktisregion Jamal. Die Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Der durch den Giftanschlag und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein.

Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von "natürlichen" Ursachen die Rede. Seine Mutter und sein Umfeld werfen dem Kreml Mord vor, was dieser vehement zurückweist. Forderungen aus dem Westen nach einer unabhängigen Untersuchung des Todes lehnt Russland als Einmischung in innere Angelegenheiten ab.

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Am Freitag hatte Jarmysch mitgeteilt, die Behörden hätten von der Mutter verlangt, entweder einer diskreten Beerdigung ihres Sohnes ohne öffentliche Anteilnahme zuzustimmen, oder aber ihr Sohn werde in der Strafkolonie beerdigt. Ludmilla Nawalnaja lehnte eine heimliche Beerdigung in einem am Donnerstag veröffentlichtem Video ab. Sie bestand seit Tagen darauf, "dass die Behörden die Beerdigung und die Trauerfeier nach den üblichen Gepflogenheiten stattfinden lassen".

Auch die Witwe Nawalnys hatte die Herausgabe der sterblichen Überreste ihres Mannes verlangt. Putin, der sich selbst als gläubiger Christ bezeichne, verhöhne die Überreste des Toten und lege einen "offenen Satanismus" an den Tag, sagte Julija Nawalnaja in einer am Samstag veröffentlichen Videobotschaft. "Geben Sie Alexej heraus. Sie haben ihn lebendig gefoltert und foltern ihn tot weiter", sagte sie. "Sie brechen jedes menschliche und göttliche Gesetz."

Nawalnys Vertrauter Leonid Wolkow, der im Exil im Baltikum lebt, sagte, dass wunderbare Leute auf der ganzen Welt den "Menschenfresser" Putin dazu gebracht hätten, den Toten freizugeben und nicht weiter die Leiche des Opfers zu verhöhnen. "Aber das ist kein Sieg. Es gibt keinen Grund zur Freude. Und Nawalny kommt auch nicht zurück", schrieb Wolkow im Nachrichtendienst Telegram. Es sei aber trotzdem eine Niederlage für Putin, weil er nicht erreicht habe, den Toten einfach unter Verschluss zu halten.

G7 fordert lückenlose Aufklärung von Nawalnys Tod

Die Gruppe der sieben führenden Industrienationen G7, zu der auch Deutschland gehört, würdigte in einer Erklärung "den außergewöhnlichen Mut Alexej Nawalnys". Die Gruppe stehe an der Seite seiner Frau, seiner Kinder und all jener, die ihm nahe waren. Nawalny habe sein Leben dem Kampf gegen die Korruption des Kreml und für freie und faire Wahlen in Russland geopfert. "Wir rufen die russische Regierung auf, die Umstände seines Todes lückenlos aufzuklären", hieß es in der Erklärung, die am Samstag veröffentlicht wurde.

Zugleich fordert die G7 Russland auf, andere politische Gefangene freizulassen und die Verfolgung Andersdenkender zu beenden. "Wir werden diejenigen, die die Schuld am Tod Nawalnys tragen, zur Rechenschaft ziehen, auch indem wir als Antwort auf Menschenrechtsverletzungen und -verstöße in Russland weiterhin restriktive Maßnahmen verhängen und andere Maßnahmen ergreifen."

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