Türkei und Frankreich:Nato-Verbündete auf Kollisionskurs

Türkei und Frankreich: Die Türkei macht Ansprüche auf mögliche Gas- und Öl-Lagerstätten im Mittelmeer geltend - das löst immer wieder Streit aus: Türkische Sicherheitskräfte bei Istanbul vor dem Bohrschiff Yavuz.

Die Türkei macht Ansprüche auf mögliche Gas- und Öl-Lagerstätten im Mittelmeer geltend - das löst immer wieder Streit aus: Türkische Sicherheitskräfte bei Istanbul vor dem Bohrschiff Yavuz.

(Foto: Bulent Kilic/AFP)

Das expansive Vorgehen der Türkei im Mittelmeer erzürnt Anrainer und Nato-Partner. Frankreich fordert nach einem Zwischenfall Sanktionen. Im östlichen Mittelmeer steht ein heißer Sommer bevor.

Von Matthias Kolb, Brüssel, Paul-Anton Krüger und Tobias Zick

Versöhnlich ist der türkische Außenminister nicht gestimmt, als er am Donnerstag in Berlin mit seinem deutschen Kollegen Heiko Maas (SPD) vor die Presse tritt. Eine "bedingungslose Entschuldigung" fordert Mevlüt Çavuşoğlu von Frankreich. Paris sage "nicht die Wahrheit" darüber, was im Mittelmeer geschehen sei.

Er bezog sich auf einen Vorfall am 10. Juni zwischen türkischen Kriegsschiffen und der französischen Fregatte Courbet. Diese wollte ein Schiff inspizieren, das zuvor schon im Zusammenhang mit türkischen Waffenlieferungen nach Libyen aufgefallen war. Die türkische Marine verhinderte dies, nach Angaben aus Paris schaltete eines der Schiffe sein Feuerleitradar auf die Courbet auf. Die Türkei bestreitet das, wirft Frankreich gefährliche Manöver vor.

Was sich genau zwischen den Schiffen der beiden Nato-Staaten zugetragen hat, wird nun der Militärausschuss der Allianz beraten. Politisch dürfte die Auseinandersetzung damit kaum beigelegt sein. Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian verlangt, dass seine EU-Kollegen bei ihrem Treffen am 13. Juli über neue Sanktionen gegen Ankara beraten.

Verteidigungsministerin Florence Parly trommelte am Donnerstag im Europaparlament. Das Vorgehen der türkischen Marine sei "völlig inakzeptabel" und "eines Verbündeten unwürdig", sagte sie. Die Courbet habe im Zuge einer Nato-Mission gehandelt. Zuvor hatte die Türkei eine Kontrolle durch ein griechisches Kriegsschiff verhindert, das im Zuge der EU-Mission "Irini" das UN-Waffenembargo gegen Libyen überwachte.

Griechenland warnt vor einer "ernsten Krise" zwischen der Türkei und der EU

Der Unmut geht weit über diesen Einzelfall hinaus. Seit Wochen wettern französische Diplomaten, es gebe kein Problem zwischen Frankreich und der Türkei, vielmehr habe die Nato ein Türkei-Problem. Paris verwehrt sich wie viele andere Nato-Staaten gegen die Forderung, die kurdischen YPG-Milizen als terroristisch zu brandmarken; sie waren der wichtigste Verbündete des Westens im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien.

Ankara blockierte mehr als ein Jahr die aktualisierten Verteidigungsplanungen für Polen und das Baltikum, gab seinen Widerstand erst vorige Woche auf. Griechenland warnt überdies vor einer "ernsten Krise" zwischen der Türkei und der gesamten EU.

Kernpunkte des Streits sind die Militärintervention der Türkei in Libyen auf Seiten der international anerkannten Einheitsregierung von Premier Fayez al-Serraj, aber auch von der Türkei geltend gemachte Ansprüche auf mögliche Gas- und Öl-Lagerstätten, die auch Griechenland und Zypern für sich reklamieren.

Im östlichen Mittelmeer steht ein heißer Sommer bevor - selbst eine militärische Konfrontation schließt der griechische Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos nicht aus. Notfalls werde die Marine mit Warnschüssen verhindern, dass die Bohrgestänge der türkischen Explorationsschiffe den Meeresgrund erreichen, berichtete die griechische Zeitung Ekathimerini.

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