Der entscheidende Satz steht unter Punkt 10. "Die Bundesregierung erkennt an, dass die in Phasen des Kolonialkrieges verübten abscheulichen Gräueltaten in Ereignissen gipfelten, die aus heutiger Perspektive als Völkermord bezeichnet würden", heißt es da. Fast sechs Jahre haben Delegationen der Bundesregierung und der namibischen Regierung verhandelt, um diesen Satz möglich zu machen in einer "Gemeinsamen Erklärung".
Vergangene Woche hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) die Einigung verkündet. Die Erklärung aber wurde zunächst nicht veröffentlicht, wohl auch wegen teils massiver Unzufriedenheit der Nachkommen der Opfer. Auch eine Reise von Maas nach Windhuk zur Unterzeichnung der Erklärung kam bislang nicht zustande.

Namibia:"Eine schockierende Offenbarung"
Ein Verband von Häuptlingen der Volksgruppen der Herero und Nama lehnt die geplanten Unterstützungszahlungen aus Deutschland nach der Völkermord-Anerkenntnis strikt ab.
Deutschland "akzeptiert" in der Erklärung, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, "eine moralische, historische und politische Verpflichtung, sich für diesen Völkermord zu entschuldigen und in der Folge die für eine Versöhnung und für den Wiederaufbau erforderlichen Mittel bereitzustellen". Auch die von deutschen Kolonialtruppen zwischen 1904 und 1908 an den Herero und Nama begangenen Verbrechen werden in der Erklärung ausführlich benannt.
Deutschland hat im Jahr 1904 einen Krieg geführt, der zur Auslöschung großer Teile indigener Bevölkerungsgruppen im Gebiet des heutigen Namibia geführt hat. Die deutschen Streitkräfte beschlossen und verfolgten Strategien zur Ausrottung klar definierter Bevölkerungsgruppen, heißt es etwa.
Das Leid Zehntausender Unschuldiger dürfe nicht in Vergessenheit geraten
Insgesamt seien Zehntausende von Männern, Frauen und Kindern Befehlen von Generalleutnant Lothar von Trotha "und der damit zusammenhängenden deutschen Vorgehensweisen" zum Opfer gefallen: "Sie wurden erschossen, erhängt, verbrannt, dem Hungertod oder Menschenversuchen ausgesetzt, versklavt, durch Arbeit getötet, missbraucht, vergewaltigt und nicht nur ihres Landes, Eigentums und Viehs beraubt, sondern auch ihrer Rechte und ihrer Würde." Deutschland bittet in der Erklärung die Nachkommen der Opfer "um Entschuldigung und verneigt sich vor ihnen".
Die Taten könnten nicht ungeschehen gemacht werden, aber "das Leid, die unmenschliche Behandlung und der Schmerz, die Zehntausende unschuldiger Männer, Frauen und Kinder" erlitten haben, dürfe nicht in Vergessenheit geraten und müsse "als Mahnung gegen Rassismus und Völkermord in Erinnerung bleiben".
Verankert in der Erklärung sind auch die Namibia zugesagten Zahlungen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 30 Jahren. 1,05 Milliarden Euro sollen in ein "Unterstützungsprogramm für Wiederaufbau und Entwicklung zugunsten der Nachkommen der besonders betroffenen Bevölkerungsgruppen" fließen. 50 Millionen Euro sind für "Vorhaben zur Versöhnung, Erinnerung, Forschung und Bildung" vorgesehen.
Namibias Regierung will dem Parlament einem Bericht der Tageszeitung The Namibian zufolge am Montag die Ergebnisse der Verhandlungen mit Deutschland vorlegen.