Der Innenminister hatte keinen Sprengstoff in der Tasche und auch kein Keramikmesser. Es ging Thomas de Maizière (CDU) wohl auch weniger darum, zu zeigen, dass die als Körper- oder Nacktscanner bekannten Geräte am Hamburger Flughafen tatsächlich die Sicherheit erhöhen. Vielmehr wollte er die "gesundheitliche Unbedenklichkeit" und die "Wahrung der Persönlichkeitsrechte" überprüfen, als er am Montagmorgen in Hamburg persönlich den Testbetrieb einläutete. Der "Mehrwert für die Luftsicherheit" kam für de Maizière erst an dritter Stelle. Und das aus gutem Grund.
Es ist der vermeintlich große Vorteil der neuen Ganzkörperscanner, dass sie verdächtige Gegenstände am Körper der Passagiere entdecken, ohne dass diese abgetastet werden müssen. In den Niederlanden und Großbritannien laufen die Geräte bereits im Testbetrieb, in Hamburg sollen sie mindestens ein halbes Jahr geprüft werden. Die Passagiere können freiwillig entscheiden, ob sie durch die neuen Geräte gehen oder sich freiwillig abtasten lassen. Datenschützer werden vermutlich weiter die herkömmliche Variante wählen.
Dass de Maizière persönlich in Hamburg erschien, dürfte dem massiven Streit geschuldet sein, der dem Testbetrieb vorausgegangen war: Von Datenschützern und Politikern aller Couleur wurden Vorwürfe laut, die Intimsphäre sei durch die Geräte massiv gefährdet. Tatsächlich sind die Nacktscanner wohl in der Lage, die Kleidung der Passagiere auszublenden. Die Scanner erzeugen eine Art Wärmebild und funktionieren mit Millimeterwellen, deren Strahlung für die Gesundheit unbedenklich sein soll. Eine Software soll dafür Sorge tragen, dass die Beamten der Bundespolizei statt nackter Menschen tatsächlich nur Strichmännchen zu sehen bekommen. Verdächtige Gegenstände am Körper sind mit gelben Flächen markiert. De Maizière hatte mehrfach betont, es seien "keine echten Körperbilder" zu sehen. Zudem würden die Aufnahmen nach dem Scan sofort wieder gelöscht.
Der Bundesbeauftrage für Datenschutz, Peter Schaar, zeigte sich trotzdem skeptisch. Er befürchtet vermehrte Nachkontrollen "in sehr sensiblen Bereichen", denn künstliche Darmausgänge oder Inkontinenzprodukte würden - anders als bisher - als potentiell gefährliche Gegenstände erkannt und in der entsprechenden Körpergegend markiert. Dies könne für die betroffenen Passagiere unangenehm sein. Ein weiterer Streitpunkt war die Herkunft der beiden Geräte, die in Hamburg zu Testzwecken aufgestellt worden sind: Sie stammen von einer Tochterfirma des amerikanischen Rüstungskonzerns L-3, der auch international geächtete Streubomben produziert. So sehen es zumindest die Kritiker des Unternehmens. Nachdem in Deutschland Rufe nach einem Boykott der Firma laut wurden, ...
... erklärte L-3 jedoch, man produziere, entwickle oder verkaufe keine Streumunition "gemäß der Osloer Konvention". Das Bundesinnenministerium sah daraufhin keinen Grund, von dem Vertrag zurückzutreten und den Hamburger Test abzusagen. Die Konvention sieht jedoch Ausnahmen vor, etwa für moderne Streumunition, bei der sich die kleinen Sprengkörper nach einer gewissen Zeit selbst zerstören. Deutschland hatte sich gegen Streubomben ausgesprochen und die Konvention unterzeichnet. Die USA, Russland, China und Indien sind dazu nicht bereit.
Neue Zweifel an der Tauglichkeit der Ganzkörperscanner kamen jüngst auf, als ein Nachbarland die 120.000 Euro teuren Geräte wieder abschaffte: In Italien endete eine halbjährige Testphase mit negativem Ergebnis. "Wir haben in den Tests keine guten Ergebnisse mit den Körperscannern erzielt", sagte der Chef der italienischen Flugbehörde, Vito Reggio. Die Untersuchung dauere außerdem länger als bei den üblichen Abtastungen durch das Sicherheitspersonal. Auch am Hamburger Flughafen rechnet man mit Problemen: Noch gebe es "zu viele Fehlalarme", räumte de Maizière bei seinem Besuch ein. Er hoffe aber dennoch auf effektivere und schnellere Sicherheitskontrollen dank der Scanner. "Der heutige Tag ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Sicherheit im Luftverkehr", sprach der Innenminister und schritt durch den Nacktscanner.